LITERATUR

Håkan Nesser – Mensch ohne Hund

Keine Ahnung, was heute Nacht los war. Ich habe nicht ein Auge zugetan!

Bin gegen 1:00 ins Bett, um mich noch einigen Kapiteln von Håkan Nessers „Mensch ohne Hund“ zu widmen.
Aus einigen Kapiteln ist dann doch das ganze Buch geworden und ich weiß nicht recht, ob ich euphorisch oder enttäuscht sein soll.

Er schafft eine wirklich spannenden Grundlage- das Familientreffen, Reibungen durch das Verheimlichen von Homosexualität und dem Mastubieren im Fernsehen.
Jede Person bekommt genug Aufmerksamkeit und wird ausführlich beschrieben- und dabei fällt auf, dass jede Person ein größeres Paket mit sich herumschleppt. Ein Paket, was sie von den anderen abkapselt; einsam macht – einsam, wie ein Mensch ohne einen besten Freund nur sein kann.
Und wer ist der beste Freund des Menschen? Der Hund. Daher vermute ich den Titel. (wenngleich ein Manuskript im Buch auch dieses Titel getragen hat – aber dieses wurde nicht oft genug erwähnt, um einem ganzen Krimi seine entsprechende Note zu verleihen)

Der Schluss war dann aber … ich weiß nicht. Komisch. Leicht unlogisch.
(wer vor hat dieses Buch zu kaufen, ließt hier besser nicht weit- Spoiler!)

Der Onkel und der Neffe, beide verschwinden während dieser Feier.
Warum vernimmt die Polizei danach an die 200 Personen, wie es scheint eine ganze Stadt- aber nicht den jungen Mann, der am Ende den entscheidenden Tipp liefert: den Hotelportier?

Warum ist es für Kristina einfacher in der Gewalt ihres Mannes zu leben, zu Sex gezwungen zu werden und mit ihrer Schuld ein Leben als Sklavin zu führen, anstatt zur Polizei zu gehen?
Sicher, dann wäre herausgekommen, dass sie ein kurzes, verbotenes Spiel mit ihrem Neffen gespielt hat. Das wäre vielleicht eine Schande. Und ihre Schwester hätte es ihr wohl nie verziehen.
Aber 1.) hatte sie zur Schwester sowieso keinen guten Draht und 2.) ist es doch immer noch einfacher mit einer Schande zu leben, als zu wissen, dass ein Verwandter durch die Hand des eigenen Ehemannes getötet worden ist, während eine ganze Familie an Unwissenheit zerbricht.
Und nicht nur das. Sie wollte sich sogar eine zweite Schuld aufladen- indem sie plante ihren Mann in Thailand zu erstechen, um ihn dort irgendwo zu vergraben und dann die verzweifelte Touristin zu spielen.

Und dann dieses abrupte Ende. Was ist mit Kristoffer geschehen, der Kristinas Ehemann erschießen wollte, um seinen Bruder zu rächen?
Der Leser erfährt nur so viel, dass die Waffe nicht zündet und er einen lauten Schrei von sich gibt.
Später wird nur noch einmal kurz erwähnt, dass er am Tisch mit seinen Eltern sitzt und beschließt den Tod zu akzeptieren.
Wie kann es sein, dass der Leser die komplette Innenansicht der Person aufgetischt bekommt, ein vollkommenes psychologisches Protokoll- und am Ende nicht einmal erfährt, wie die besagte Nacht, die Nacht der Konfliktlösung, für ihn ausgeht?

Auch ob Kristina nun ins Gefängnis musste, erfährt niemand.
Es ist ein unbefriedigender Schluss.
Und er hat nicht dafür gesorgt, dass es mir noch möglich war meinen verdienten Schlaf in den frühen Morgenstunden zu finden.

Mein Fazit:
Die Charakterbeschreibung und die Symbolistik sind super. Z.B. als der Rabe (ich glaube es war ein Rabe) am Fenster saß und dem Inspektor all diese dunklen Gefühle vermittelte. Der kleine Bruder, der sich im Schatten des großen sieht. Sie kleine Schwester im Schatten der großen- der Bruder im Schatten von allen.
Das autistische Kleinkind, mit dem gruselig- leeren Blick.
Jeder ist allein.
Aber unter dem Aspekt eines Kriminalromans betrachtet, bin ich nicht überzeugt. Zu langatmig waren die Ermittlungen- immer wieder die gleichen Fragen bekam der Leser zu Gesicht- Fragen auf welche man teils schon alle Antworten erfahren hat.

Nun, ich gebe ihn aber nicht auf. Ich werde ein weiteres Buch lesen- vielleicht eines aus seiner alten Krimireihe, die sogar verfilmt worden ist.

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