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Katharina Hagena – Der Geschmack von Apfelkernen

Schon immer begannen die Bewegungen des Schicksals – auch die in unserer Familie – mit einem Sturz. Und mit einem Apfel.


„Der Geschmack von Apfelkernen“ ist ein wunderschöner Buchtitel; einer der schönsten, die ich kenne. Da ich es selbst liebe Apfelkerne zu essen (und es von niemand anderem vermutet hätte) und das Cover so super aussieht, musste ich dieses Buch haben.
Ich habe mich begeistert in die Lektüre geworfen, musste aber recht schnell feststellen, dass Äpfel zwar durchaus eine Rolle spielen, Apfelkerne leider nicht wirklich.
Vielleicht ist das nicht allzu dramatisch, ich weiß nicht. Es ist mir nur aufgefallen.

Es gibt einen Apfelbaum, der das heimatliche Grundstück der Familie, um die es in diesem Buch geht, markiert. Der hat aber keine Sonderrolle, sondern ist genauso wichtig wie die Johannisbeersträuche, die nach tragischen Ereignissen ihre Farbe ändern, ein kleiner Gemüsegarten und ein großes altes, verwinkeltes Haus.
Es geht um das Vergessen und um das Erinnern.

Protagonistin ist eine junge Frau namens Iris, die im Rahmen dieses Romans ihre Familie darstellt. Ihre Großmutter Bertha leidet an Alzheimer und stirbt. Als sie, ihre Mutter und ihre zwei Tanten zur Beerdigung anreisen, erfährt Iris, dass ihr das große Haus vererbt worden ist. Das Haus ihrer Sommerferien. Das Haus, was sie liebte – aber zu vergessen versuchte, nachdem Ihre Cousine ihr Leben gelassen hat.
Sie nistet sich dort ein, um nachzudenken was mit dem Erbe geschehen soll. Und eine Zeit des Erinnerns beginnt: ihre Kindheit, der Mann, der ihre Großmutter liebte, die Großmutter, die einen anderen Mann liebte und die Schwester der Großmutter, die mit dem Mann, der eigentlich die Großmutter selbst liebte, unter dem Apfelbaum schlief.
Ihre Cousine Rosmarie und das Verhältnis zu Mira, ihre Tanten Inga und Harriet und ihre Vergangenheit, die Studienzeit, die Schwangerschaft und der Umgang mit dem Tod.
Ihre Mutter, die an Heimweh leidet und schließlich Iris selbst, die nicht weiß, was Heimat bedeutet; wo sie hingehört.
In all ihrem Erinnerungswahn begegnet sie dem Anwalt Max, mittlerweile ein attraktiver Mann, aber damals nur der kleine Junge aus dem Dorf, den alle Niete nannten.
Es bahnt sich eine Liebelei an.

Im Grunde genommen hat dieses Buch keine wirkliche Handlung, bis auf das Knistern zwischen Iris und Max.
Es ist eine Art dramatische und melancholische Familienbiographie. Auch wenn nicht allzu ungewöhnliches passiert, ist die Stimmung poetisch gedrückt und voller Sehnsucht nach etwas, was sich nicht fassen lässt.

In diesem schnell zu lesenden Büchlein steckt eine deftige Prise Philosophie und viele sprachliche Finessen.
Es ist nicht wirklich spannend, aber sehr angenehm zu lesen.

Ich vergebe drei Leseratten, die sich wie folgt erklären lassen: eine Ratte für die herrlichen Garten- und Naturbeschreibungen, eine für die Sprache und eine für die wunderschönen nachdenklichen Passagen.
Eine Ratte wird abgezogen, weil die Geschichte eher dürftig ist und eine, weil ich die Atmosphäre teils als sehr düster und einsam empfunden habe.

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2 Kommentare

  • Antworten Detus Dezember 10, 2008 um 6:05 pm

    Hallo Lilly,

    bin zufällig auf Deine Seite gestossen und muss sagen: Hut ab ! Sehr gut gemacht.
    Ich absolviere zur Zeit auch das Fernstudium bei der CGA und wollte mal hören, ob Du noch dabei bist und was Deine weiteren Erfahrungen sind. Bei Durchsicht des Archivs habe ich ja nicht nur positive Kommentare gelesen.
    Sorry, das hat ja gar nichts mit dem Buch oben zu tun, aber es war halt Dein letzter Eintrag.

    MfG

    Detus

  • Antworten Lilly Dezember 10, 2008 um 6:28 pm

    Ich werde heute Abend mal einen Artikel dazu posten, da es ja doch sehr viele zu interessieren scheint. ^^

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