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John Boyne – Der Junge im gestreiften Pyjama

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Am Donnerstag läuft „Der Junge im gestreiften Pyjama“ als Kinofilm an. Die Romanvorlage von John Boyne habe ich schon seit einiger Zeit im Regal stehen; wollte sie jetzt aber gelesen haben, falls es mich noch ins Kino treiben sollte. Auf den ersten Blick (Trailer) wirkt dieser ja sehr sehenswert, auf jeden Fall gekonnter, als das Buch, um mein Fazit schon einmal vorwegzunehmen.

Der 9-jährige Bruno zieht mit seiner Familie nach Auschwitz, da sein Vater vom Führer zum Kommandant des Lagers berufen worden ist.
Die Geschichte wird aus den Augen eben dieses Jungens erzählt, der nicht versteht warum er Berlin verlassen und an einem solchen hässlichen Ort leben muss. Er weiß nichts vom Krieg, von Juden und von Leid. Die Menschen im Lager sind ein großes Rätsel für ihn, das er selbst dann nicht lösen kann, als er einen gleichaltrigen Jungen am anderen Ende des Zauns trifft und Freundschaft mit diesem schließt. Seine Naivität führt zur Katastrophe, die wahrscheinlich die Pointe dieser Fabel darstellt.
Denn dass es sich bei diesem Roman um eine Fabel handelt, steht gleich auf der ersten Seite. Ich muss aber leider zugeben, dass ich keine sprechenden Tiere erkennen konnte und dass sich mir die allgemeingültige Moral auch nicht in ganzen Stücken erschlossen hat. (wenngleich es natürlich den Zeigefinger gibt)

Das Buch hätte wirklich gut sein können. Bewegend und interessant. Aber der Autor hat mich mit Sprache, Stil und Logik nicht überzeugt.
Wie kann ein 9-jähriger Junge so naiv sein, dass er nicht erkennt, dass Menschen krank vor Hunger sind und nicht hinterfragt, warum sie grün und blau geschlagen werden?
Wie kann er auf der anderen Seite, aber symbolhafte und komplizierte Gespräche der Erwachsenen 1:1 wiedergeben?
Zunächst habe ich gedacht, dass der Autor sich perspektivisch abwechselt, aber dann funktioniert es nicht, dass durchgehend vom Furor (Führer) und Aus-Wisch (Auschwitz) spricht. So kann nur ein Kind sprechen. Noch dazu eigentlich nur ein Kind, das viel jünger und unwissender sein müsste, als Bruno.
Die Sprache ist so simpel und schnörkellos, dass man nicht von einem Jugendbuch reden kann, was es offiziell sein soll. Die Sätze sind kurz und mit haufenweise Wiederholungen angereichert. Gefühlte hundert Mal liest man, dass der Zutritt zu Vaters Büro ausnahmslos und zu jeder Zeit verboten ist, dass es in Berlin Cafés und Gemüsestände gibt, dass am Wochenende die Innenstadt rappelvoll ist und dass man vom Dachfenster seines alten Zimmers einen tollen Blick auf die Stadt hat.

Bruno ist naiv, bis zu einem gewissen Punkt gefühlskalt und sehr egoistisch. Ich hatte das Eindruck, dass er gar nicht sehen und verstehen wollte, was mich unglaublich wütend machte.

Die Geschichte hätte so gut sein können, wurde aber leider enttäuschend umgesetzt. Drei Sterne vergebe ich für die Idee, für die Kurzweiligkeit, für die kleinen emotionalen Funken und für die Spannung, die trotz allem vorhanden ist.

3 Ratten

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4 Kommentare

  • Antworten Nina Mai 8, 2009 um 5:35 pm

    Ich lese das Buch gerade und kann mich deiner Rezi bis jetzt in allen Punkten anschließen. Bruno’s Naivität ist übertrieben und einfach unrealistisch. Ich versuche schon, dass Buch mehr als Fabel zu lesen, aber mir erschließt sich der Sinn dahinter einfach nicht. Verstehe auch nicht, warum die Dinge nicht beim Namen genannt werden. Und die ständigen Wiederholungen stören mich auch. Na ja, vielleicht wird’s auf den letzten 100 Seiten ja noch was besser.

  • Antworten Nina Mai 16, 2009 um 5:12 pm

    Ich muss gestehen: Es wurde tatsächlich besser. Wer hätte das gedacht, aber am Ende wird meine Rezi wohl doch nicht so schlecht ausfallen wie sich anfangs angedeutete. Ich muss mich nur endlich mal ransetzen…

  • Antworten Lilly Mai 17, 2009 um 12:16 am

    Ich freue mich auf jeden Fall darauf.
    Schlecht fand ich das Buch auch nicht – ich hab’s gern gelesen und war auch emotional ziemlich angesprochen.
    Aber wenn mich bestimmte Punkte ärgern oder ich genau weiß, wo man was hätte besser machen können, muss ich ein paar Ratten abziehen … immer in Relation zu den anderen Büchern, die ich hier schon besprochen habe.

  • Antworten ionuca Oktober 5, 2009 um 12:23 pm

    I’m currently reading this book (in German!!!) and I’m pretty much enjoying it. I love books which have children characters (my friends often tease me about this). But up till now, Bruno’s naivety doesn’t bother me. I mean, how much can a 9-year-old child know about the world and the bad things that happen? I believe that not very much.

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