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Amazon und der Buchhändler


Wie viele sicherlich schon mitbekommen haben, gibt es auf litcolony.de ein neues Lesen!-Format mit Elke Heidenreich. Verändert hat sich nicht viel, nein, wahrscheinlich wird sie in Zukunft sogar noch erfolgreicher sein. Medienrummel ist PR- und ob nun gute oder schlechte, wer im Gespräch ist bleibt aktuell und erregt weitschweifende Aufmerksamkeit.
Zumindest bei mir hat es gezogen. Frau Heidenreich hat mich bisher kaum erreichen können und ich war zudem sehr schlecht auf sie zu sprechen, weil sie es drauf hat sich im schriftlichen so unglaublich arrogant auszudrücken.
Die aktuelle Lesen!-Ausgabe habe ich mir aber angesehen, und ich war sogar recht begeistert. Das aber nur am Rande, denn darum soll es jetzt nicht gehen.

Gegen Ende erwähnte Frau Heidenreich, dass man seine Bücher am besten bei lokalen Händlern besorgen sollte und betonte die Wichtigkeit. Das hat mich, als sehr treuen Amazon-Kunden, etwas stutzig gemacht und mich zu kleinen Recherchen bewegt.

Was macht eigentlich ein Buchhändler?

Er verwaltet Datenbanken und das Bücherlager, bestellt Neuerscheinungen, berät, optimiert, dekoriert, organisiert Lesungen usw.
Soweit, so gut. Eigentlich nichts, was wir bisher nicht schon gewusst haben.

Was macht einen lokalen Buchhändler so wichtig?

Zunächst: Nicht das komplette Feld der Buchhändler ist wirklich bedeutend. Der einzelne Mensch ist es. Vorraussetzung, um diesen Job gut machen zu können, sind bibliomane Neigungen. Wer selbst viel und gern liest, weiß worauf Leseratten wert legen, weiß, dass Bücher, die ihm selbst gefallen wahrscheinlich auch die Masse anspricht, sofern sie richtig präsentiert werden.
Natürlich orientiert sich der Buchhändler auch am Markt, schaut auf Bestsellerlisten und bestellt die Neuerscheinungen namenswürdiger Verlage.
Aber, und das ist es, was ihn wirklich wichtig macht – er geht auch von sich selbst aus, schaut Abseits der Massenproduktion, entdeckt Glanzstückchen und empfiehlt sie den Kunden.
Damit hat der Buchhändler die Macht Bücher in den Vordergrund zu rücken, die sonst völlig unentdeckt geblieben wären.
Eine größere Bestellung, ein zentraler und hübsch dekorierter Tisch – damit erhascht er die Aufmerksamkeit. Kunden, die vorbeischauen und etwa folgendes Anliegen vortragen: „Ich suche etwas für meine Nichte. Sie liest sehr gern.“, können diese Bücher ans Herz gelegt werden.
Er sorgt für ein klein wenig Objektivität in der großen, mächtigen Verlagswelt und kann somit als kleiner Kulturträger bezeichnet werden.

Warum nicht Amazon?

Amazon ist in seiner Vielfalt und seinem Preis-Leistungsverhältnis nicht zu schlagen. Für Kunden, die genau wissen, was sie kaufen möchten, ist dieses Versandhaus natürlich optimal.
Kritiken werden jedoch laut, weil die Empfehlungen, die Amazon gibt, sich nicht kulturell oder geschmacklich-individuell orientieren, sondern teuer erkauft werden müssen.
Kundenmailings, „Autor des Monats“, „Neuheit der Woche“: was sich hinter diesen Begriffen versteckt, das entscheidet nur das Geld.
Geld ist Macht und die Macht wählt aus, was ein Besteller wird und was für immer eine kleine verborgene Perle bleibt.
Das ist uns nicht neu, aber ich persönlich wusste nicht, dass Amazon diese Dinge noch fördert.
Zudem verlangt das Versandhaus derzeit satte 50% Rabatt auf den Ladenpreis eines Buches.
Dadurch, dass die Firma so erfolgreich ist und eine breite Legitimität der Masse besitzt, beugen sich die Verlage dem natürlich.
Das bedeutet nicht nur, dass die Autoren letztendlich gewinntechnisch benachteiligt sein könnten, sondern es ist auch unfair den kleinen Läden gegenüber, die keine derartigen Gewinnspannen erzielen können.

Diogenes macht nicht mehr mit

Vor kurzem haben Maren und ich uns noch darüber unterhalten, dass die Cover dieses Verlags sehr altbacken wirken und es schade ist, dass wirklich große und bedeutende Werke dort erscheinen.
Ich persönlich rudere da aber wieder zurück.
Diogenes stellt sich quer und ist nicht bereit Amazon die üblichen Rabatte zuzusichern. Das ist mutig, wäre die Konsequenz doch, dass deren Bücher nicht mehr über die bekannteste und beliebteste Onlineplattform für Literatur angeboten werden.
Aber kann Amazon sich wirklich erlauben John Irving, Paulo Coelho und Ingrid Noll aus ihrem Sortiment zu streichen? Fördert das die Beliebtheit der Firma? Eher nicht.
Wie sie sich nun geeinigt haben weiß ich nicht. Ich habe im Internet gelesen, dass einige Diogenes-Bücher auf Amazon teilweise nur noch über einen Drittanbieter vertrieben wurden, also eben nicht über Amazon selbst. Das hat sich jetzt wohl wieder geändert. Wer nachgegeben hat, ist eigentlich egal.
Auf jeden Fall fand ich den Schritt seitens des Verlags bewundernswert – und sollte ich mein Manuskript irgendwann einmal fertig bekommen, werde ich es sicher als erstes dort anbieten.

Boykott von Amazon?

Nein, dazu möchte ich keinesfalls aufrufen. Amazon ist zwar unverschämt gierig und tut wenig für die Bücherkultur, aber ich als Kunde war dennoch immer zufrieden dort.
Weiterhin ist es auch eine große Herausforderung einen Buchhändler des Vertrauens aufzuspüren, jemand der wirklich Tag und Nacht in Büchern schnökert und auch mal mutige Schritte wagt.
Thalia, Hugendubel und Co. tun das in der Regel nicht, obwohl es sehr schön ist, dass sie hier und da auch Nischenlesungen organisieren und nicht unbedingt bekannte Autoren vorstellen.
Kleine Buchhandlungen sind auch immer weniger bereit neue, andere Bücher zu präsentieren (an der Stelle hat Kirsten über eine Erfahrung berichtet), da sie um ihre Existenz fürchten.

Lokale Buchhändler zu unterstützen, schön und gut. Aber wo finde ich die, die wirklich unterstützungswürdig sind?
Ich werde nächste Woche mal losziehen und die verschiedenen Buchhandlungen der Stadt unter die Lupe nehmen.
Natürlich werde ich berichten.

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6 Kommentare

  • Antworten Maren Dezember 4, 2008 um 9:14 pm

    Ich bin kenennender Buchhandel-Buchkäufer 🙂
    Ich liebe das Stöbern in den Läden, den Geruch von Büchern und Papier. Ich muss die Sachen in die Hand nehme können, die ich kaufen will. Amazon liebe ich, aber nur wegen der Inspiration. Dort einfach aufs Knöpfchen zu drücken und dann meine Kontonummer einzugeben – ich finde das so seelenlos. In meinem ganzen Leben habe ich noch keine 10 Bücher bei Amazon bestellt und einen Großteil davon nur, weil ich entweder Gutscheine hatte oder anderswo die Bücher nicht zu bekommen waren.

    Insofern bleibe ich dem Buchhandel weiterhin definitiv treu, auch wenn ich derzeit das meiste gratis über Tauschticket bekomme. Aber sobald meine Tickets dort aufgebraucht und mein SUB auf erträgliches Maß geschrumpft ist, ziehe ich wieder regelmäßig los!

  • Antworten Ich Dezember 4, 2008 um 10:33 pm

    Bei uns am Ort gibt es „nur“ zwei Buchhändler. Ein relativ großer, der in einer benachbarten Stadt eine weitere Filiale hat und auch schon seit mind. 20 Jahren, wenn nicht so gar länger, tätig ist und außerdem auch noch Bastel- und Bürobedarf vertreibt – und seit ca. 2-3 Jahren einen kleinen Buchladen, der wirklich nur ein kleines Sortiment vorrätig hat, dafür aber vor allem eine wunderschöne Kinderecke bietet und gerade bei Kinder- und Jugendbüchern ein gutes Händchen bewiesen hat (zumindest bei meinen Kindern). Außerdem machen die sehr ausgefallene Autorenlesungen, bieten Vorlesestunden für Kinder an, usw. Ist wirklich ganz nett und ganz kuschelig dort, deswegen gehe ich da auch sehr gerne hin und bestelle auch Bücher, die ich sicherlich über Amazon & Co. bestellen könnte. Aber mir gefällt der Laden, und ich will, dass er bleibt!

  • Antworten Maren Dezember 4, 2008 um 11:15 pm

    Hm, also ein guter und gut sortierter Buchladen muss es natürlich schon sein. Da wo ich wohne, gibts zielich viele Buchhandlungen, die ich aber auch nicht alle mag. Zwei, drei große und etliche kleine, teils sehr spezialisierte (zB eine Krimibuchhandlung, wie toll ist das denn!?).
    Autorenlesung sind auch wichtig, da hast du recht! Und schöne Kinderecken in Buchhandlungen sind unbezahlbar!!

    Bei Amazon liebe ich das Stöbern und informieren, und ich kauf da auch alles mögliche vom Glätteisen für die Haare bis zur Fleecejacke, aber Bücher – die muss ich einfach anfassen, mir fehlt beim Bücherbestellen völlig das Kauferlebnis. (Bei Tauschticket isses schon wieder was anderes, das kommt das Schnäppchenjägerfieber hinzu…)

    Ich find Buchhandlungen toll und wichtig, und schon weil ich diese Läden so liebe, werde ich ihnen weiterhin treu bleiben

  • Antworten Kirsten Marohn Dezember 5, 2008 um 6:09 pm

    Aus Autorensicht möchte ich sagen, dass ich mit Amazon sehr zufrieden bin. Amazon hat meine Autorenanliegen (Probleme mit der Positionierung meines Buches, Produktinformationen, Lagerfähigkeit etc.) immer innerhalb kürzester Zeit und sehr, sehr freundlich erledigt. Einen Support wie bei Amazon würde ich mir bei so manch einer Firma wünschen – egal, ob sie online oder im realen Leben existiert.

    Was ich zu den Rabatten sagen möchte, ist folgendes: Ich verkaufe mein Buch bei Amazon für 19.95 Euro und bekomme bei jedem verkauften Buch 0.28 Euro. Das ist nicht viel, aber in Ordnung, angesichts der Tatsache, dass mein Buch über Amazon weltweit erhältlich ist, was man von einem Buchhändler um die Ecke nicht sagen kann.

    Mein Buchhändler um die Ecke will sage und schreibe 40 Prozent Rabatt, wenn er mein Buch auf Kommissionsbasis verkauft, will heißen, ich trage das volle Risiko, er null, da er meine unverkauften Bücher zurück geben kann. Bei einem Einkaufspreis von 14 Euro, hieße das, ich müsste 2 Euro zuzahlen, was gar nicht geht. Kurzum: Aus Autorensicht kann sich niemand beklagen. Im Gegenteil, der Buchhändler um die Ecke ist in meinen Augen der Geldeintreiber, der bei weitem nicht den Support in Autorensicht leistet, der bei einem derart hohen Rabatt ohne Risiko angebracht wäre. Gewinntechnisch bin ich also bei Amazon überhaupt nicht benachteiligt, im Gegenteil. Derjenige, der den großen Gewinn einstreicht, ist – leider – meist der Buchhändler, wenn es um kleine, unbekannte Autoren geht.

  • Antworten Lilly Dezember 5, 2008 um 8:22 pm

    Amazon fordert bei den größeren Verlagen aber sage und schreibe 50% Rabatt und keine 40% wie der kleine Buchhändler.

    Ich bin ja auch zufriedener Amazon-Kunde, aber manche Dinge gehen einfach nicht.
    Anderes Beispiel: Wenn ich dein Buch über meine Seite verkaufe, dann bekomme ich ca. 0,50€ Werbekostenrückerstattung.
    Findest du nicht, dass da irgendetwas schief läuft?
    Das ein Werbender prinzipiell mehr an einem Buch verdienen könnte, als der Autor?

  • Antworten Kirsten Marohn Dezember 7, 2008 um 4:46 pm

    Ich denke, man muss auch sehen, welche Reichweite Amazon hat und welchen Service dieses Portal mittlerweile bietet. Wenn jemand als Werbekostenrückerstattung privat mitverdienen kann, finde ich das in Ordnung und es stört mich generell nicht. Was nützt mir als Autor es, wenn der kleine Buchladen um die Ecke (oder generell jeder Buchladen) nur 40 Prozent Rabatt nimmt und ich – statt etwas an meinem Buch zu verdienen – noch 2 Euro draufzahlen muss? Bei Amazon bekomme ich wenigstens etwas raus, das, zusammen mit der Tatsache, welche Reichweite dieser Marktplatz mittlerweile besitzt, ist es, was letztendlich Amazon für den Künstler attraktiv macht. (Die Höhe der Marge kann ich als Autor übrigens selbst festlegen, indem ich meinen Buchpreis selbst beim Verlag bestimme, so ist es jedenfalls bei BoD) Ist doch gut, wenn alle etwas bekommen – der Autor seine Marge, der Private seine Werbekostenerstattung, der Kunde den reibungslosen Support. Für mich persönlich ist Amazon auch deswegen interessant, weil ich mich bei einer Buchempfehlung nicht auf die subjektive einzelne Meinung des Buchhändlers verlassen muss, sondern oftmals eine ganze Handvoll Rezensionen heranziehen kann, um letztendlich meine Kaufentscheidung zu treffen.

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