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Sebastian Fitzek – Die Therapie

Selbst die intelligentesten Menschen legen mitunter sehr skurrile und lächerlich unlogische Verhaltensweisen an den Tag. Nahezu jeder Besitzer eine Fernbedienung hat zum Beispiel die unverbesserliche Angewohnheit, fester auf die Tasten zu drücken, sobald die Batterien schwächer werden. […] Für Viktor war das menschliche Gehirn eine solche Fernbedienung. Sobald die Batterie wegen Erschöpfung, Krankheit oder anderer Gründe die Gehirnströme verlangsamte, nutzte es gar nichts, sich den Kopf zu zermatern.


Der Starpsychiater Dr. Viktor Larenz reist auf die Insel Parkum, um mit sich selbst wieder ins Reine zu kommen und den schrecklichen Verlust seiner Tochter vor vier Jahren zu verkraften.
Unerwartet steht eine hübsche blonde Frau vor seiner Tür und bittet darum therapiert zu werden.
Dr. Larenz will diese Bitte ablehnen, zu sehr ist er mit sich selbst beschäftigt ist und von seiner Trauer fast in den Wahnsinn getrieben wird. Aber was diese Frau namens Anna Spiegel zu erzählen hat, fesselt ihn, sowie den Leser gleicher Maßen. Es scheint, als habe sie eine Lösung was mit seinem kleinen Mädchen passiert ist.
Während er sich ihrer im Glauben an einer schweren Schizophrenie annimmt, passieren unheimlich Dinge. Sein Freund, ein Detektiv, berichtet, dass in seinem Berliner Ferienhaus eingebrochen worden ist, man das ganze Bad voller Blutspuren gefunden hat, dass Dinge aus seinem persönlichen Besitz entwendet worden sind.
Sein Hund verschwindet, der Bürgermeister der Insel warnt ihn vor seiner Patientin. Als er sich immer kranker und elender fühlt, fängt er an zu glauben, dass Anna ihn an der Nase herumführt, mitten in der Nacht in seinem Haus herumschleicht und versucht ihn zu töten. Warum?

Ja, warum, das habe ich mich auch gefragt. Bis an dieser Stelle war die Spannung kaum noch steigerungsfähig. Fitzek arbeitet mit einer Masse an Cliffhangern, sodass der Leser kaum in der Lage ist das Buch beiseite zu packen. Die Kapitel sind sehr kurz, sprachlich gut aufbereitet und voller Fragen, die einem keine Ruhe mehr lassen.
Nichts von alledem schien mir logisch, aber das war mir egal. Ich wusste ja, dass es am Ende die Aufklärung geben und sich alles mit Sinn füllen würde.
Weit gefehlt!
Das was der Autor mir da aufgetischt hat, ist so was von unlogisch und inkompatibel zum ersten Teil, dass es mich fast schon wütend gemacht hat.
Ich habe auch ein wenig Ahnung von Schizophrenie und mir wird niemand weis machen können, dass jemand … SO schizophren sein kann.
Und selbst wenn das möglich ist, nehmen wir das einfach mal an, wozu dann all diese Vorgeschichten, wie der ausgefallene Generator, der tote Hund, das Gift, die privaten Geschichten der Anna S., dem Fax, das er angeblich selbst geschickt hat und wozu dieser unglaubwürdige tobende Sturm?
All das hat mit dem eigentlichen Ende, welches ich hier nicht verraten möchte, überhaupt nichts zu tun.
Und dann wird der Leser noch aufs Korn genommen, indem er glauben soll, dass die erste Menstruation eines jungen Mädchens ein ganzes blutiges Bad hinterlässt. Zunächst war ich gewillt das hinzunehmen, ich wusste ja nicht, welche Lösung mir angeboten werden würde.
Aber jetzt kann ich nur noch ungläubig den Kopf schütteln.

Eigentlich ist es schade. Das Buch ist bis kurz vor Ende wirklich gut und vor allem sehr spannend geschrieben. Das einzige, was ich bemängelt hätte, wären die plastischen Figuren, die das Buch nicht wirklich rund gemacht hätten.
Aber das Ende ist so furchtbar unbefriedigend, dass ich Herrn Fitzek nur zwei Ratten übrig lassen kann.

PS) Das ist jetzt unabhängig von meiner Wertung, aber eigentlich kann man Fitzek nicht einmal für seine Idee loben. Denn diese ist keinesfalls neu oder originell. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Film „Hide and Seek“, der ein Jahr vor seinem Debutroman erschien.
Gleiches Prinzip, aber einwandfrei umgesetzt.

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3 Kommentare

  • Antworten Kirsten Marohn Januar 28, 2009 um 4:40 pm

    Ähnlich habe ich „Der Seelenbrecher“ von Sebastian Fitzek erlebt, ein Bestseller, der aus mir unverständlichen Gründen weit oben in der Bestsellerliste steht. Spannend ist dieses Buch, das kann man nicht leugnen, aber leider entbehrt diesem Roman jegliche Seele. Die Charaktere sind schablonenhaft und austauschbar und man bangt zu keiner Zeit wirklich mit ihnen mit, weil ihr Schicksal einem nicht am Herzen liegt. Die Auflösung des ganzen Komplotts war – ähnlich wie bei „Die Therapie“ – unglaubwürdig und an den Haaren herbeigezogen. Hinzu kam, dass man sich gleich zu Beginn anhand des Austragungsort fragte, ob es glaubwürdig ist, dass es eine Klinik in Berlin gibt, die außerhalb eines Funknetzes liegt. Funklöcher gibt es sicherlich nachwievor zuhauf in Deutschland, dass aber gerade eine renommierte Klinik in solch einem von der Zivilisation abgeschnittenen Gebiet liegen soll – na ja.

    Sebastian Fitzek ist was nettes für den Strand oder eine langweilige Zugfahrt, aber für mich persönlich ist er keine weitere Lesestunde mehr wert.

  • Antworten Lilly Januar 28, 2009 um 5:49 pm

    Oh, schade. Ich hatte eigentlich nicht vor ihn schon aufzugeben, aber ich ich vertraue Deinem Urteil da mal. Das hört sich wirklich an, wie das, was ich überhaupt nicht leiden kann. „Der Seelenbrecher“ ist also auch gestrichen.

    Vielleicht werde ich es nochmal mit „das Kind“ versuchen. Denn eigentlich verdient ja jeder eine zweite Chance.
    Und dass er mich gelangweilt hat, kann ich ja auch nicht sagen.

  • Antworten Die Therapie « Literaturblog von Nomadenseele März 24, 2009 um 9:34 pm

    […] Lilly Berry […]

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