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Schreibschule: Vorüberlegungen

Also legen wir los. Ab jetzt werde ich euch wöchentlich Techniken, Informationen und Tipps rund um das Schreiben liefern. Hauptsächlich beziehe ich mich auf Romane, da ich selbst und ich hoffe ihr auch, Romanautor*in werden möchte.

Hin und wieder gibt es aber auch kleine Einschübe für das Schreiben von Gedichten, Werbetexte, Artikel o.ä. Also, schnappt euch ein Notizheft und einen Stift und habt Spaß!

  • Kann jeder einen Roman schreiben?

Ja! Gut, nicht jeder kann schreiben wie Stephen King oder Leo Tolstoi. Es kann auch nicht jeder dichten wie Sylvia Plath oder aussehen wie Heidi Klum. Aber heißt das denn automatisch, dass andere Gedichte schlecht sind und alle anderen Frauen hässlich?

Natürlich nicht! Deine Ansprüche sollten ausschließlich darin bestehen das Beste aus dir selbst herauszuholen – ohne demotivierende Vergleiche. Letzteres sorgt nur dafür, dass du anfängst zu kopieren. Und das Schreiben, dass nicht aus dir selbst kommt, kein kreativer und streng durchdachter Akt der Selbstfindung ist und nichts über dich preisgibt, bringt schlechte und langweilige Texte hervor; Texte die nicht spritzig genug wirken, ohne dass man genau sagen kann, woran es liegt.

  • Und wenn ich kein Talent habe?

Du brauchst kein Talent, sondern nur einen starken Willen.

Wer kommt schon auf die Welt, setzt sich vor dem Laptop und schreibt einen Bestseller? Keinem ist die Beherrschung guter Schreibtechniken angeboren und niemandem werden sinnliche und ergreifende Worte aus heiterem Himmel in den Mund gelegt. Natürlich haben einige Menschen eher feine Antennen und eine gute Beobachtungsgabe, aber solange du es nur stark genug willst, kannst du alles lernen.

Voraussetzungen dafür ist ein gewisses Maß an Ernsthaftigkeit:
„Ach, ich schreibe mal so einen Roman“ – das ist die falsche Einstellung. Es geht nicht einfach „mal so“. Du musst dir im Klaren sein, dass es harte Arbeit ist, die du zu erledigen hast und kein Hobby, was zwischen Windeln wechseln und in die Disco gehen betrieben wird. Natürlich soll Schreiben Spaß machen, keine Frage. Aber sofern du nicht bereit bist viel deiner Zeit zu investieren, wirst du irgendwann an einem Punkt kommen, an welchem du mit dem Schreiben nicht weiterkommst, da du nicht genug Raum für Gedanken hast.

Bei den meisten Hobbyschreibern verwerfen sich die Ideen nach einigen Wochen und man widmet sich wieder anderen Dingen, mit der Ausrede: „Ich bin nicht gut genug dafür.“ Ausdauer, viel Energie und ein starker Wille muss unbedingt vorhanden sein.

Du musst bereit sein früher aufzustehen, wenn dein Tag mit Terminen verbaut ist, das gemütliche Leben hinten anzustellen und dir den Hintern auf deinem Stuhl platt zu drücken – Stunde, um Stunde. Vielleicht funktioniert es auch anders. Die Frage ist nur: Warum schaffen es nicht einmal 10% derer, die seit Jahren predigen ein Buch schreiben zu wollen, dies auch zu tun?

  • Womit fange ich an?

Am besten gehst du erst einmal in den Buchladen und schnappst dir wahllos einige Schinken aus den Regalen.

Wenn du nicht genug Geld dafür hast, dann schaue, ob du günstige Exemplare bei Ebay ersteigern kannst, oder frage Bekannte, ob sie dir etwas leihen. (Bibliotheken sind auch immer eine gute Anlaufstelle)

Denn Grundregel Nummer 1 ist: Willst du ein Gefühl für die Sprache bekommen, musst du lesen, lesen und nochmals lesen. Es ist nicht wichtig was, nur bunt gemischt sollte es sein, damit du einen Eindruck aus einer möglichst großen Palette erhälst.

Schreibe dir Passagen heraus, die dir besonders gut gefallen, achte darauf, wie die Autoren ihre Kapitel ein- oder ausleiten, wie sie die Dialoge gestalten oder wie viel Aufmerksamkeit sie den einzelnen Charakteren widmen.

Lese nicht nur aus Vergnügen, sondern analysiere die Texte.

Gut wäre es, wenn du dein Heftchen ab jetzt immer mit dir herum trägst, um spontane Einfälle sofort zu notieren. Damit schulst du deine Auffassungsgabe, übst dich im Schreiben selbst und sammelst Material, welches dir später für dein Buch zugute kommen kann.

Es muss nicht gut sein, was du da zu Papier bringst. Ganz gleich wie dämlich es sich anhört, es bekommt ja doch niemand zu Gesicht, wenn du es nicht möchtest, oder? Notiere dir einfach das was du siehst, was du spürst, riechst, was du hörst – oder auch alles zusammen.

Vor einiger Zeit, es muss irgendwann im Sommer vor zwei Jahren gewesen sein, habe ich mich ausgesperrt. Den Ersatzschlüssel hatte mein Cousin, der eigentlich in der gleichen Stadt lebt; wie der Zufall es so wollte, aber genau zu diesem Zeitpunkt zu Besuch bei seinen Eltern war, die rund 100km entfernt leben. Mir blieb also nichts weiter übrig- ich musste dorthin. Die Laune war am Boden als ich den vollen Zug betrat und realisierte, dass ich aufgrund meiner Blödheit einen ganzen Tag verschenken würde.

Bei der Rückfahrt passierte aber etwas Unerwartetes. Der schwarze Himmel war sternenklar, die Grillen zirpten laut, die warme Sommerluft wehte durch ein Fenster hinein und spielte mit meinen Haaren und ich fühlte mich gut. Auf einen Schlag war ich so glücklich und zufrieden, ganz ohne einen bestimmten Grund zu haben.

Ich suchte also verzweifelt nach einem Stück Papier und einem Stift; fand aber nur einen alten Kontoauszug und musste mir den Kugelschreiber leihen.
Folgende Gedanken wollten aus meinem Kopf heraushüpfen:

Manchmal ist das Glück in einer solchen Intensität gegenwärtig, dass man meint die Situation müsste explodieren, damit sie sich entlädt und greifbar wird.
Geschlossene Augen; Vorfreude vermischt mit Fernweh, Freiheitsgefühlen und der zärtlichen Wiege der Stagnation aktueller Gegebenheiten mit Erinnerungen der Vergangenheit.
Das pure Leben. Das pure Glück.

Seither habe ich immer ein kleines Notizheft dabei. (welches, das werde ich euch morgen zeigen) Man weiß nie wo die Einfälle zuschlagen und ob man Stunden später noch genauso empfindet oder in die Lage ist die Gefühle und Gedanken zu rekonstruieren.

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3 Kommentare

  • Antworten Wie geht es mit der Schreibschule weiter? | Lilly Berry September 5, 2008 um 8:54 pm

    […] Vorüberlegungen […]

  • Antworten Kirsten Marohn September 7, 2008 um 12:36 pm

    Bevor man mit dem Schreiben beginnt, sind praktische Dinge von Belang, wie die Frage: Wo will ich schreiben?

    Nun kann man antworten: Überall. In Zeiten des tragbaren Laptops ist diese Antwort sicherlich berechtigt, aber die Antwort ÜBERALL ist Segen und Fluch zugleich. Möchte man an einem Roman ernsthaft arbeiten, tut man gut daran, sich einen dauerhaften Platz zu suchen, der für das Schreiben – und nur für das Scheiben – reserviert ist. Das kann die Wäschekammer, der Dachboden, die Küche oder der Hobbykeller sein – Hauptsache, Körper und Geist haben an diesem Ort das Gefühl, zur Ruhe zu kommen und in die magische Welt der Buchstaben abzutauchen.

    Stephen King rät in seinem Buch „Über das Leben und Schreiben“, alle störenden Aspekte wie Telefon, Handy, Internet, Türklingel etc. abzuschalten. Gerade für Schreibanfänger ist es sehr wichtig, sich nicht ablenken zu lassen. Ablenkung, sprich Zerstreuung, ist in der heutigen Zeit DAS große Problem eines Schriftstellers. Was nützen die besten Ideen, wenn man sich nicht konzentrieren kann? Wandern die Gedanken ständig ab oder werden vom Klingeln eines Handys unterbrochen, wird man es nie schaffen, eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen. Und wie will man anderen etwas erzählen, wenn man nicht mal die eigenen Gedanken hören kann?

    Man benötigt einen Platz der Rückbesinnung. Heißt das nun, ich muss mir eine Wellnessoase suchen?
    Weniger ist oft mehr. Stephen King schrieb seine ersten Romane in einem winzigen Verschlag in seinem Wohnwagen, hinter einer Sperrholztür tobten Frau und Kinder. Die Ausrede „Ich hab aber keinen Platz!“ gilt nicht. Will man ein Buch schreiben, muss man sich dieses Plätzchen schaffen.

    Wie findet man nun so ein Plätzchen zum Schreiben?

    Ein gemütlicher Ort muss nicht unbedingt ein guter Ort sein, genauso andersherum. Auf der Suche nach dem idealen Platz zum Schreiben gelten andere Regeln. In der Küche habe ich viel Licht, kann in den Garten schauen, wunderschön, nur leider gänzlich ungeeignet, um die eigenen Gedanken auf einen Roman zu konzentrieren, wenn alle naslang eine Amsel vorbeifliegt, ein Eichhörnchen zum Fenster hereinschaut – oh, wie süß, wird man sagen, und im Nu ist man wieder aus der Handlung seines Romans katapultiert.

    Den speziellen Platz zum Schreiben muss jeder für sich selbst finden. Bei mir ist es das alte Sofa im Schlafzimmer unter dem Hochbett. Ich mache die Tür hinter mir zu, lasse ein Rollo an der einen Bettseite herunter und befinde mich dadurch quasi in einer Höhle, die nur zu einer Seite offen ist. Nun muss sich nicht jeder so eine Höhle schaffen, aber man sollte in sich hineinhorchen. Wie reagieren Körper und Geist auf meine Umgebung? Kommen die Gedanken hier zur Ruhe, kann ich mich hier auf mein Manuskript konzentrieren? Ständig wechselnde Plätze zum Schreiben sind meiner Erfahrung nicht förderlich, um in die Handlung eines Romans abzutauchen. Man kann seine Konzentration trainieren, indem man sich einen dauerhaften Platz sucht, an dem Körper und Geist zur Ruhe kommen und wissen, hier können die Gedanken des Alltags abschalten und in die Welt der Buchstaben eintauchen. Wählt man das richtige Plätzchen, stellt sich mit der Zeit eine Routine ein: Im Kopf fällt ein Kippschalter um. Indem ich in meinem Schlafzimmer die Tür schließe und das Rollo runterlasse, signalisiere ich mir selbst und meiner Umwelt: „Hier bin ich, um zu schreiben – und wegen nichts anderem.“

  • Antworten Der perfekte Arbeitsplatz für Autorin | Lilly Berry September 7, 2008 um 10:19 pm

    […] Thema Vorüberlegungen für das Schreiben eines Romans, hat die Autorin Kirsten Marohn heute einen sehr langen und […]

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