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Die Flugrechte der Passagiere – so kann gegen Verspätungen und Flugausfälle vorgegangen werden


Wer einen Sitz im Flugzeug reserviert, der hat es meist eilig. Im Vergleich zu Schiffen, Bussen und Bahnen weisen Flüge eine deutlich reduzierte Reisedauer auf. Doch viele Passagiere kennen auch die Kehrseiten, die vor allem in nicht startenden oder zu spät am Zielort ankommenden Maschinen zu sehen sind. Damit verbunden ist die Frage, ob nicht die Rechte der Reisenden berührt wurden – und ob der so entstandene Mangel eventuell eine Haftung der Airline auslöst. Wie genau vorgegangen werden kann, soll nachfolgend kurz skizziert werden.

Die Flugbuchung lässt einen Werkvertrag entstehen

Ehe die Möglichkeiten beleuchtet werden können, mit denen Reisende gegen die Fluggesellschaft oder den Verkäufer einer Ferienreise vorgehen dürfen, muss das gesamte Geschehen zunächst rechtlich eingeordnet werden. Bereits mit der Buchung des Fluges wird zwischen dem Betroffenen und dem Anbieter ein sogenannter Werkvertrag geschlossen. Dessen Inhalt besteht darin, den Passagier sicher ans gewünschte Ziel zu bringen. Die Rechtsgrundlagen dafür ergeben sich ab dem Paragrafen 631 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Den nachfolgenden Normen lassen sich etwa die Regelungen über die Bezahlung entnehmen. Wichtig in diesem Rahmen ist jedoch § 633 BGB, der sich den Sach- und Rechtsmängeln widmet. Ebenso § 634 BGB, der die daraus folgenden Rechte des Fluggastes nennt. Hier werden schrittweise die Nacherfüllung, die Ersatzleistung, der Rücktritt vom Vertrag, die Preisminderung, der Schadensersatz sowie der Ersatz vergeblicher Aufwendungen als Optionen aufgeführt. Damit ist grob umrissen, welche Rechte dem Reisenden grundsätzlich zustehen.

Nicht jede Veränderung führt zu Rechtsfolgen

Es mag ärgerlich sein, wenn der Reisende am Flughafen eintrifft und dort feststellt, dass seine Maschine nur verspätet startet oder sogar gänzlich ausfällt. In diesen Fällen ist es sinnvoll, die Vertreter der Fluglinie oder des Reiseanbieters zu kontaktieren und den Umstand gut dokumentiert zu schildern. Allerdings kommt es nicht nur zu solchen spontanen Verzögerungen. Immerhin kann sich auch an den Flugplänen etwas ändern. Wer im Winter die Reise für den Sommer bucht, hat nicht zwingend einen Anspruch darauf, dass der Flug pünktlich auf die Minute beginnt. Bis zu zwei Wochen vor dem Start kann der Reisende über anstehende Veränderungen hingewiesen werden. Dieser Schritt muss schriftlich erfolgen, in der Regel per Brief oder Mail. Wird der Betroffene also maximal 14 Tage vor Antritt des Fluges darüber unterrichtet, dass er in ein anderes Flugzeug, auf einen neuen Sitz oder für eine abweichende Zeit gebucht wurde, so hat er dies zu akzeptieren.

Es kann bereits ein Mangel vorliegen

Eine wie eben geschilderte Umbuchung beeinträchtigt die Rechte des Reisenden zunächst nicht. Doch zwei Umstände können den Sachverhalt ändern und den in § 633 BGB geforderten Sachmangel entstehen lassen. Einerseits ist das möglich, wenn der Betroffene auf einen Flug gebucht wird, der in der Nacht stattfinden würde. Andererseits hat er die veränderte Planung auch dann nicht hinzunehmen, wenn ihm dadurch ein Reisetag teilweise oder ganz verloren geht. In diesem Fall wäre vom sogenannten Reisemangel die Rede, gegen den sich der Passagier wehren kann. Allerdings gilt auch hier, dass Pauschalaussagen kaum zulässig sind. Denn letztlich ist entscheidend, wie sehr der beeinträchtigte Reisetag mit Blick auf den gesamten Urlaub ins Gewicht fällt. Handelt es sich um einen Trip, der sich über mehrere Wochen erstreckt, wird ein Tag verschmerzbar sein. Wurde dagegen eine Wochenendreise gebucht, hat ein verlorener Tag schon deutlich stärkere Auswirkungen.

Ansprüche beim verspäteten Flug

Demgegenüber kann es sein, dass sich Reiseanbieter und Fluglinie nicht bis maximal zwei Wochen vor Flugantritt beim Kunden melden und dieser erst am Flughafen erfährt, dass sich seine Reise verzögert. Hier wäre maßgeblich, wie groß die Verspätung ausfällt. Dauert sie lediglich wenige Minuten an, so bewegt sich der Mangel noch im erträglichen und hinzunehmenden Rahmen. Die Rechte des Fluggastes wären damit nicht berührt. Anders sieht die Lage aus, wenn der Flieger erst nach Stunden in die Luft abheben kann. In diesem Fall wäre die Airline verpflichtet, dem Gast sogenannte Betreuungsleistungen zukommen zu lassen. Kann heißen, dass er mitsamt der anderen Passagiere in einem eigenen Wartebereich untergebracht, dort mit Essen und Getränken versorgt oder er sogar zeitweise in ein Hotel eingebucht wird. Die dabei anfallenden Kosten trägt die Fluglinie. Wobei es zuweilen vorkommt, dass die Betroffenen etwaige Ausgaben zunächst selbst zu übernehmen haben, diese aber im Anschluss von der Airline eingefordert werden dürfen.

Die verspätete Ankunft am Zielort

Ebenso ist es vorstellbar, dass der Flieger zwar relativ pünktlich startet – er aber erst deutlich nach der anvisierten Landung auch tatsächlich am Ziel ankommt. Hier wäre zunächst fraglich, welche Dauer die Verspätung überhaupt umfasst. Dabei wird in der Regel eine Frist von drei Stunden angenommen. Sie muss erreicht werden, um die Rechte der Passagiere zu berühren. Im Umkehrschluss sollen die Unwägbarkeiten des Flugverkehrs nicht automatisch einen Mangel auslösen können. Immerhin lassen sich technische Defekte, Unwetter oder der Vogelschlag nicht präzise in die Reiseroute einberechnen. Derlei Umstände können eintreffen – oder eben ausbleiben. Daher gilt pauschal eine Verspätung ab drei Stunden nach geplanter Ankunft als Mangel. Bei Flügen innerhalb der Europäischen Union oder von einem europäischen Flughafen aus steht den Kunden für die Verzögerung eine Entschädigung zu, die je nach Länge der Reise eine Höhe von 250 bis 600 Euro erreicht.

Ungewöhnliche Umstände stehen der Entschädigung im Wege

In den meisten Fällen erfolgt die Regulierung eines so entstehenden Schadens recht schnell. Für viele Airlines handelt es sich dabei um eine Formalie, die in jedem Jahr viele eintausend Mal durchgeführt wird. Dennoch kann es zu Streitfällen kommen. Erfahrungsgemäß werden diese vor allem durch die sogenannten “ungewöhnlichen Umstände” ausgelöst. Durch sie wäre die Fluglinie für den entstandenen Schaden nicht haftbar. Zu ihnen gehören etwa der Vogelschlag, Terrorwarnungen, starke Unwetter oder ein Streik von Personen, die direkt am Flug beteiligt sind. Derlei Umstände treffen die Airlines weitgehend unvorbereitet, können daher kaum realistisch eingeplant werden und lösen somit keinen Mangel aus. Anders verhält es sich bei technischen Problemen. Sie müssen durch die Mitarbeiter der Airline überprüft und beseitigt werden. Startet der Flieger dennoch verspätet, entsteht ein Mangel, der auf das Verschulden der Fluglinie zurückzuführen ist – und der somit deren Haftbarkeit begründet.

Wahlleistungen beim ausgefallenen Flug

Darüber hinaus ist auf das schlimmste vorstellbare Szenario einzugehen: Der gebuchte Flug wurde gänzlich gestrichen. Hier ist es an der Airline, ihrem Kunden zunächst einen Ersatz zu offerieren. Dieser kann in der Umbuchung in eine andere Maschine, im Anbieten einer alternativen Reise oder im Transport mit abweichenden Verkehrsmitteln wie etwa der Bahn oder einer Fähre gesehen werden. Dabei ist umstritten, ob der Passagier ein solches Angebot zur Beförderung tatsächlich annehmen muss. Die herrschende Meinung bejaht die Frage, sofern Dauer und Komfort der alternativen Route mit dem Flug vergleichbar sind. Lehnt der Kunde ab, so steht ihm eigentlich nur noch der Rücktritt vom Flugvertrag offen. Geht der Mangel, auf den er sich dabei beruft, nachweisbar auf die Fluglinie oder den Reiseanbieter zurück, so erhält er alle bereits gezahlten Kosten zurück und kann gegebenenfalls auch einen möglichen Schadensersatz geltend machen, der ihm durch den Ausfall des Fluges entstanden ist.

Der Streik als Sonderfall


Abschließend muss ein Umstand erwähnt werden, der eher selten eintrifft, der aber doch nicht gänzlich auszuschließen ist: Der Streik kann es unmöglich machen, dass die Bodencrew die Bahn für den Flieger freigibt, dass sich die Piloten ins Cockpit setzen oder dass Stewardessen und Stewards zur Bedienung der Gäste bereit sind. Gegen einen unangekündigten Ausstand der Mitarbeiter ist die Fluglinie zunächst machtlos, hier wäre also anzuzweifeln, ob sie für die nicht stattfindenden Flüge in Haftung genommen werden kann. Erfahrungsgemäß zeigen sich die Airlines in solchen Fällen aber kulant, indem sie alternative Beförderungsangebote – nicht selten auch bei konkurrierenden Fluglinien – sowie Unterbringung, Verpflegung und Transport der Reisenden anbieten. Ist der Streik hingegen angekündigt worden, muss die Fluggesellschaft ihre Kunden so früh wie möglich darüber informieren und ihnen eine abweichende Offerte vorlegen. Kommt sie dieser Verpflichtung nach, kann der Schaden des ausgefallenen Fluges nicht mehr von ihr eingefordert werden.

Den Schaden richtig geltend machen


Wie aber soll überhaupt vorgegangen werden, wenn der Flug ausfällt? Oder wenn der Flieger nur mit Verzögerung startet und mit deutlicher Verspätung am Zielort eintrifft? Zunächst ist es wichtig, den Schaden zu dokumentieren. Im digitalen Zeitalter ist das kein Problem. Neben Fotos von Uhren und Abflug- sowie Landeplänen am Flughafen kann auch der Flugradar über das Internet eingesehen werden. Im zweiten Punkt ist es ratsam, den Reiseanbieter oder die Airline ohne Verzögerung auf diesen Umstand hinzuweisen. Wo ein direkter Kontakt oder ein Telefonat nicht möglich ist, sollte die Webseite der Gesellschaften aufgesucht werden: Hier lässt sich in der Regel ein Formular finden, das zum Melden von Schadensfällen verwendet werden kann. Alternativ kann man über Online-Dienste wie Airhelp, die Fluggastrechte bei Verspätung bei den Airlines melden und eine entsprechende Entschädigung gefordert werden.

Gelingt auch das nicht, ist die Verbraucherzentrale ein guter Ansprechpartner. Bei ihr kann in Erfahrung gebracht werden, inwieweit ein Schaden vorliegt und ob für diesen die Fluglinie haftbar ist. Informationen, die vor Beschreiten des Rechtsweges wertvoll sein dürften.

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