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Talentfreie Autoren?

Seit einigen Tagen wird auf Marens Blog heiß diskutiert. Auslöser dafür war dieser Artikel über „Twilight“.
Die Frage, die ich mir stelle und der ich einen eigenen Artikel widme, ist: Darf man Autoren das Talent absprechen?
Maren und Carolin meinen, dass das absolut kein Problem darstellt und in den Bereich freie Meinungsäußerung fällt. Ich argumentiere ganz klar dagegen.
Okay, „Twilight“ wird nicht von jedem gemocht. Das ist legitim. Auch ein fetzenreicher Verriss kann etwas amüsantes sein, etwas das Bestseller, die wahrscheinlich auch von vielen gekauften positiven Rezensionen begleitet, in ein objektiveres Licht stellt.
Aber sollte es sich dabei nicht immer nur um die eigene Meinung handeln?

Ich empfinde es als die größte Frechheit überhaupt sich anzumaßen, dass Stephenie Meyer über kein schriftstellerisches Talent verfügt. Das ist, als würde eine 13-jährige Goethe den Wert absprechen, nur weil sie mit seiner Literatur nichts anfangen kann. Wenn Hermann Hesse oder Berthold Brecht das nun genauer untermauert hätten- dabei auf Stilistik, Dramaturgie und Logik hingewiesen hätten; okay. Aber welcher Nicht-Schriftsteller ist schon kompetent genug, um sich so weit aus dem Fenster zu lehnen?

Ein Argument von Maren war an dieser Stelle, dass auch Ärzte sich nicht rausreden können, wenn der Patient meint, dass er Mist gebaut hat. Oder dass Sie Studioaufnahmen eines Fotografen kritisiert, ohne es selbst besser zu können.
Das sind für mich aber zwei grundlegend verschiedene Dinge. Konstruktive Kritik unter Kollegen ist etwas Schönes, wenn es gewollt wird. Und Patienten haben immer das Recht sich über Leistungen zu beschweren.
Aber ist ein Ottonormalverbraucher auch wissend genug, um einem weltweit anerkannten Chirurg das Beherrschen seines Handwerks abzusprechen, nur weil man selbst mit seiner Behandlung nicht zufrieden war?

Selbstverständlich, wenn jemand so schief singt, dass man sich vor Schmerzen die Ohren zuhalten muss oder wenn jemand ein Buch schreibt, das vor Rechtschreibfehler nur so wimmelt und über keinerlei logischen Aufbau verfügt, dann kann man wohl sagen, dass das diese Personen in diesem Bereich vielleicht nicht von allzu viel Talent heimgesucht worden sind.

Aber wenn ein Buch über 40 Millionen mal verkauft worden ist und geschätzte 80% positive Resonanz bekommt, was heißt das dann für uns? Dass es künstlich hochgepusht worden ist? Dass man massenweise Meinungen gekauft und Fanforen gefaked hat? Oder, dass die Leser einfach nur anspruchslos und dumm sind?
Jeder hat das absolute Recht ein Buch in den Boden zu stampfen. Leser wollen unterhalten werden. Werden sie das nicht, dann hat das Buch seinen Zweck in diesem Fall nicht erfüllt.
Aber Leser sind keine Schrifsteller. Ein Buch zum Vergnügen zu konsumieren ist etwas grundlegend anderes, als ein Buch zu analysieren, auseinander zu nehmen – vom puren Handwerk her zu betrachten.
Wer lesen kann, kann noch lange nicht schreiben. Wer weiß, was er gern liest, weiß noch lange nicht, wie viel Arbeit dahinter steckt so etwas zu planen, wie viel Geduld ein Autor braucht, was für eine Monsteraufgabe es ist ein Roman zu entwerfen.
Um behaupten zu können, dass ein Autor kein Talent hat, sollte man schon genau wissen, was hinter einem solchen Projekt steckt. Und selbst dann wäre es noch sehr gewagt.

Und allgemein: Wer will schon wissen, was Talent ist und was nicht? Wer maßt sich an das für die Allgemeinheit entscheiden zu dürfen?
Wie muss ein talentierter Autor denn sein? Muss er eine perfekte Komposition entwerfen, am besten noch mathematisch berechnet? Wer liest sowas dann?
Oder muss er strenge und konservative Literatur im künstlerischen Sinne betreiben? Trifft das den Geschmack aller Leser?
Muss er so schreiben, dass niemand einen Kritikpunkt oder einen Logikfehler findet? Unmöglich! Die Menschen sind einfach zu verschieden, als dass es DAS Buch geben könnte.
Wer veröffentlicht, gelesen und positiv bewertet wird, der hat einfach Talent. Inwiefern der Einzelne dies zu schätzen weiß, ist eine andere Geschichte.

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