Ich muss auch dazu sagen, dass ich die gekürzte Hörbuchfassung gehört habe und nicht genau weiß, welche Teile dort fehlen. Aber ehrlich gesagt kann ich mit nicht vorstellen, dass diese meine Meinung geändert hätten.
Worum geht’s?
Die Geschwister Julia und Robert wollen vor den Geistern ihrer Vergangenheit fliehen. Dabei treibt es sie ausgerechnet an das Grace-College, das total abgelegen in einem Tal in der kanadischen Einöde liegt. Die Studenten sind komplett von der Außenwelt abgeschnitten, was aber an sich nicht weiter schlimm ist. Denn im Tal gibt es alles, was das Herz begehrt: Einen Supermarkt, einen Starbucks, ein Kino, eine Schwimmhalle, einen Computerraum, einen See, weite Natur und jede Menge junger Menschen.
Doch Julia und Robert fühlen sich nicht wohl. Während Julia sich von der Neugier der anderen unter Druck gesetzt fühlt, hat Robert wieder eines seiner intuitiven Gefühle. Diesmal flüstert es ihm, dass dieser Ort böse ist. Und er soll Recht behalten. Als kurz darauf eine geheime Party an einem Bootshaus stattfindet, sieht er, wie ein Mädchen in den See springt und danach nicht mehr auftaucht. Er versucht sie zu retten und riskiert dabei sein eigenes Leben. Obwohl er schwört, dass er es sich nicht eingebildet habe, kann niemand diese abstruse Geschichte glauben, nicht einmal seine eigene Schwester.
Doch dann kommt heraus, dass tatsächlich ein Mädchen am College vermisst wird. Die Sache ist nur die: Sie saß im Rollstuhl und wäre niemals in der Lage gewesen, selbst zu springen.
Gibt es trotzdem einen Zusammenhang? Und vor allem, gibt es eine logische Erklärung dafür?
Diesen „kleinen“ Kriminalfall rund um das verschwundene Mädchen fand ich wirklich toll und spannend. Aber insgesamt finde ich, dass die Autorin viel zu wenig aus dem gemacht hat, was ihr zur Verfügung stand. Keinen Kontakt zur Außenwelt, lauter junge Leute, Unterricht, lernen – das alles schreit doch nur so nach toller „Harry Potter“ – oder „Düstere Legenden“-Stimmung. Der Studentenalltag, der Campus, die Vorlesungen, das alles bekommt aber kaum Raum in diesem Roman. Der Ort und der geheimnisvolle See wurden zwar immer wieder beschrieben, aber so eine richtige Rolle haben sie nicht gespielt. Das mag vielleicht in den nachfolgenden Bänden noch kommen, aber davon hatte ich ja nun erstmal nichts.
Ganz schlimm fand ich das große Geheimnis um Julia und Robert. Das gesamte Buch durch hat sie darüber gejammert, wie schrecklich ihre Vergangenheit gewesen wäre, dass sich nun alles verändert hat, sie eine andere Person wäre, niemanden mehr vertrauen dürfte und auf ihrem Bruder aufpassen müsste. Ständig spricht sie auch von „sie“. Sie müssen Kontakt mir ihr aufnehmen, sie müssen sie hier rausholen. Aber wer sind denn sie? Man erfährt, dass ihren Eltern etwas Schreckliches zugestoßen sein muss, aber sie kommt nie zum Punkt.
Am Ende kann man es sich schon denken, in welche Richtung das alles gehen wird. Aber es war wirklich unglaublich nervig. Es ist nicht nur so, dass die Protagonistin sich ihren Kommilitonen nicht anvertraut hat, sondern auch den Lesern gegenüber verschlossen blieb. Sie hat zwar ständig über ihre Gefühle gesprochen, aber wie soll man in der Lage sein, sie zu verstehen und sich in sie hineinzuversetzen, wenn sie nicht einfach mal sagt, was Sache ist? Wir wissen nichts über sie, nichts über ihre Vergangenheit, über ihre Eltern oder über ihre Ängste (was wäre so schlimm daran, wenn andere das erfahren würden, was sie so krampfhaft geheim halten möchte?). Wie kann man da richtig mitfiebern?
Dass insgesamt 10 Personen genauer beschrieben worden sind, fand ich einerseits gut. Schließlich soll es sich um eine Serie handeln und das Ganze wurde gleich groß angelegt. Andererseits blieben sämtliche Figuren so aber ziemlich blass – bis auf Debbie vielleicht, deren nerviger, neunmalkluger und lauter Charakter überall dazwischen funkte. Ich habe nichts gegen Serien, aber ich finde, dass trotzdem jedes Buch für sich abgeschlossen sein sollte. Der Kriminalfall wird in „Das Spiel“ zwar gelöst, aber die wirklich wichtigen Fragen, etwa warum das Tal böse ist, warum man es mit Google Earth nicht entdecken kann, warum es im See kein Leben gibt und keine Vögel im Tal zu sehen sind, bleiben unberührt.
Es ist nicht ganz so schlimm wie bei Kerstin Giers Serie, aber ich habe mich trotzdem darüber geärgert. Große Cliffhanger, damit man ja auch noch ein zweites Mal Geld auf den Tisch packt, halte ich für ein äußerst geschmackloses Stilmittel.
Dann doch lieber einen Band mit 1000 oder mehr Seiten!
Zum Hörbuch:
Die Stimme der Sprecherin fand ich nicht unbedingt angenehm, viel zu rau und unharmonisch, aber sie konnte perfekt in die verschiedenen Rollen schlüpfen. Sie musste nicht höher oder tiefer sprechen, um weiblich und männlich auseinander zu halten. Sie hat jede Person einzigartig dargestellt, indem sie mal schnell und aufgeregt, mal lässig und von oben herab, mal leise und schüchtern und mal schnell und ohne Luft zu holen gesprochen hat.
Schrecklich fand ich lediglich die Musik, die zwischendurch immer mal wieder eingespielt wurde und wahrscheinlich eine düstere Stimmung vermitteln sollte.
Unterm Strich hat es mir aber Spaß gemacht.