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Sorry, aber Elke Heidenreich nervt!

Dieser ganze Skandal um Frau Heidenreich hat mich eigentlich nicht sehr interessiert. Ich habe ihre Sendung nie geschaut und nie wirklich über ihre Person nachgedacht. Jedoch sind mir zwei Interviews mit ihr ins Auge gesprungen, einmal im Bücherband: Von Bücherlust und Leseglück: Kluge Köpfe und ihre Bibliotheken und einmal im Literaturcafé bzw. auf der Podspot-Seite des Literaturcafés. Was dort unter anderem vom Stapel gelassen hat, ist meiner Meinung nach einfach nur arrogant, weltfremd und auch inkompetent.

Ich kann offenbar ganze Sätze bilden mit Subjekt, Prädikat, Objekt. Und das ist doch was heutzutage, wo alles nur „geil“ und „super“ ist.

Ja, super Frau Heidenreich. Wortgewandtheit ist sicher etwas, was einen Menschen zu einem guten Menschen macht. Sie sollten stolz auf sich sein.

[…] es wäre wunderbar, wenn die sehr Intelligenten ein bisschen gefühlsstärker wären und die sehr Gefühlsstarken etwas intelligenter.

Das ist meiner Meinung nach eine Aussage, bei der sich jeder angesprochen fühlen könnte. Wer von sich glaubt intelligent zu sein – und das werde ziemlich viele Menschen denken – dem wird unterstellt unter Emotionsarmut zu leiden. Und Menschen, mit intensiv ausgeprägten Emotionen, ich denke da sind sich auch viele bewusst, dass sie diese haben, wird Dummheit unterstellt. In ihrer Welt gibt es also keine wunderschön schreibenden, einfühlsamen und cleveren Autoren … und das wo sie doch angeblich schon so viel gelesen hat. Diese Frau tut mir leid.

„Haben Frauen mehr emotionale Intelligenz, als Männer?“ wollte ihre Gesprächspartnerin wissen. Sie meinte:

Auf jeden Fall entwickeln sie durch intensives Lesen mehr emotionale Kompetenz als Männer, die immer nur Sachbücher darüber lesen, wie man ein Auto zusammenschraubt oder die Karriere vervollkommnet.

Zum einen glaubt sie also, dass in der Regel nur Frauen Belletristik lesen und Männer, wenn schon, sich nur im Sach/Fachbereich bedienen (ja, was suchen denn all die „Wie sie eine erfolgreiche Frau werden“ und „Moppel-Ich“-Ratgeber in den Buchhandlungen) und zum anderen geht sie davon aus, dass Belletristikleser ein größeres Einfühlungsvermögen haben.
Ehm. Wie kommt sie darauf?
Ist es nicht eher so, dass emotionale und soziale Kompetenz im Umgang mit anderen Menschen entwickelt werden? Dass nicht die Bücher die Kompetenz schaffen, sondern die Kompetenz die Richtung zur Literatur weist? Gut, kann man sehen, wie man will.

Auf die Frage, ob ins in der heutigen Zeit charismatische Erzähle fehlen, antwortete sie:

Wir haben diese umfassend gebildeten Renaissancemenschen nicht mehr. Das hat sicherlich unter anderem mit dem Dritten Reich zu tun.

Um das mal zu übersetzen: Sie geht davon aus, dass moderne Geschichten junger Autoren weniger interessant bzw. schlechter erzählt sind, weil diese Schriftsteller nicht von Krieg und Leid geprägt sind. Ihnen fehlt es an bestimmten Erlebnissen, um wirklich heraussagend zu sein.
Kommt meine Kollegen, wollen wir uns ein Flugticket für den Gazastreifen besorgen, um unsere Fähigkeiten zu perfektionieren?

Persönlich auf den Schlips getreten fühlte ich mich, als sie den Wert von Blogs aberkannte:

Da heißt es doch immer „Ich, ich, ich! Ich erzähle von mir und ich rechne damit, dass jeder andere das liest, seht her, ich entblöße mein Inneres, so wie in den Nachmittagstalkshows.“

Wie viele verschiedene Arten von Blogs wird sie wohl kennen? Ihrer Meinung nach sicher genug, um mit ihrer Meinung missionieren zu können. Sich auf eine Couch zu setzen, ein Buch in die Kamera zu halten und darüber zu sprechen ist ja auch so viel wertvoller, als es in einem Blog ausführlich zu besprechen.

Den Vogel hat sie dann mit dieser Aussage abgeschossen:

Ich habe noch selten, fast nie, einen Autor interessant reden hören. Sie stottern rum. Sie sind Schreiber. Sie können nicht reden. […] Man muss da hingehen und taff sein. Und Autoren sind zarte, sensible Menschen. Sie sind nicht taff! Und man macht sie tot mit so was.

Wie schön die Vorstellung elfengleicher, verletzlicher Wesen als Schriftsteller auch ist: Es bleiben doch ganz normale Menschen. Zumeist sogar Menschen, die ein Examen abgelegt oder einen Doktortitel in der Tasche haben. (Beispiele: Tess Gerritsen ist Ärztin, Juli Zeh ist Juristin, genau wie Sebastian Fitzek, John Irving arbeitete als Literaturdozent, Tanja Kinkel studierte Kommunikationswissenschaft, Cecilia Ahern sogar Medienkommunikation und J.K. Rowling unter anderem Französisch)
Nicht dass man im Studium rhetorisch geschult wird, Referate halten muss, eventuell sogar Seminare leitet oder in der Kommunikationswissenschaft exakt auf dieses „Taffsein“ getrimmt wird. Neeeein. Autoren können nicht reden.
Nur komisch, wenn ich mich nicht irre, dann ist die Elke selbst Autorin.

Jedem seine Meinung, damit habe ich kein Problem. Nur finde ich es traurig, dass Menschen wie sie oder Reich-Ranicki („Ein Roman darf nicht mehr als 300 Seiten haben und muss von gebildeten Menschen handeln.“) so eine Macht im Bereich der Literatur haben.
Der Skandal von Reich-Ranicki war frech und witzig, ihre Aussagen über das ZDF auch – aber ihre persönlichen Meinungen derart zu pauschalisieren und damit die ganze bunte Vielfalt der Literatur in eine Schublade zu stecken: Ekelhaft!
Sie ist zurecht rausgeflogen!

Eure Lilly.

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