Geht es dir nicht auch so?
Aber Schreiben wird nicht umsonst auch als Handwerk bezeichnet und nicht nur als Kunst.Ohne harte Arbeit, grobes Hobeln und dem anschließenden Feinschliff wird kein Meisterwerk entstehen können, egal mit wie viel Talent wir gesegnet sind.Also habt keine Angst vor dem weißen Blatt- schreibt einfach munter drauf los; mag es auch übel klingen.Schüttelt die Schultern, atmet tief durch und lasst es fließen.
In der heutigen Lektion zeige ich euch, wie ihr euch danach an den stilistischen Feinschliff wagen könnt. Sozusagen selbst Lektor spielen, bevor man einen professionellen Lektor engagiert.
Zuvor noch einige Dinge:
- Nicht an Papier sparen! Druckt das Manukript nicht so aus, wie es ist, sondern unterteilt es in viele kleine Abschnitte. Das erhöht die Übersichtlichkeit und die Motivation.
- Legt euch verschiedene, farbige Stifte zurecht!
- Nehmt euch jeden der folgenden Punkte einzeln und nacheinander vor. Alles auf einmal sehen zu wollen ist kontraproduktiv.
An die Arbeit!
- Gnadenlos streichen
Wann immer du eine Szene beginnst: Schau, ob der Anfang wirklich nötig ist, oder ob der Text nicht an Spannung gewinnt, wenn man gleich zum Punkt kommt.Das gilt für die Beschreibung der Umgebung (damit kann man die Spannung in die Länge ziehen – aber ohne, dass überhaupt etwas passiert ist oder ein Geschehen angedeutet wird, wird der Leser keine Geduld aufbringen), genauso wie eine zu detallierte Beschreibung der Gegebenheiten, welche die Handlung nicht vorantreibt.
- Zu viele Wörter?
Weniger ist mehr! Das gilt auch beim Schreiben. Gewinnt der Text wirklich, wenn man ihn wahllos mit Adjetiven zupackt? Ist es wirklich von Bedeutung, ob die Vase blau oder der Raum groß ist? Geht der Leser nicht automatisch von frischen Blumen aus, wenn sie duften?
- Ich sage, du sagst, er sagt …
Wenn es ersichtlich ist, wer gerade spricht, muss man es nicht zusätzlich erwähnen. Das wirkt oftmals steif. Wenn klar ist, dass sich nur Peter und Maria im Raum befinden, dann braucht man auch nicht nach jeder Aussage ihre Namen dahinter zu setzen. Markiert alles, was nicht unbedingt sein muss mit einer doppelten Linie. In diesem Fall ist das erste „sagte er“ ist jedoch akzeptabel, um eindeutig zu zeigen, wer den Dialog beginnt.Bei längeren Gesprächen oder mehreren Personen ist jedoch sinnvoll öfter darauf hinzuweisen, wer gerade an der Reihe ist, um den Leser nicht zu verwirren.
- Sozusagen ist das vielleicht etwas nervig
Zeigt mir einen Text, der ohne diese Füllwörter nicht glatter, eleganter, aussagestarker und besser lesbarer wirkt.Beim ersten Entwurf braucht ihr nicht darauf achten, das hemmt nur die Kreativität. Beim Korrekturlesen achtet dann auf Wörter wie: Eventuell, womöglich, offenbar usw. und rahmt sie ein.
- Ohne Punkt und Komma
Lange Sätze gehen garnicht; sie schränken die Lesbarkeit ungemein ein und nerven den Leser. Intelligent wirkt der, der durch nachvollziehbare Gedanken glänzt und nicht durch verstrickte Satzkonstrukte. Halten wir uns an das Motto: „So kompliziert wie unbedingt nötig, so einfach wie möglich“ und markieren Endlossätze mit zwei Pünktchen.
- Zu Tode quatschen
Ein Roman schreiben bedeutet nicht nur „sprechen“, sondern in erster Linie auch „zeigen“ und „beschreiben“. Zu lange Dialoge wirken einseitig und uninteressant. Markiert sie mit einem „L“ und schaut später, ob man sie nicht ganz einfach kürzen kann, sie aufsplittet, oder sogar beides.Der Beispieltext könnte durchaus interessant wirken, wenn die Ausgangsfrage gestellt wird, ein innerer Monolog mit Beschreibung des Gesichtsausdrucks folgt und die zweite Person anschließend antwortet oder eine Gegenfrage stellt.
- Nicht ständig wiederholen!
Wenn es nicht gerade eine kunstvolle Stilform darstellen soll, die den Text an einer Stelle besonders betont, ist es nicht sinnvoll gleichartige Satzkonstruktionen hintereinander folgen zu lassen. Immerhin wollen wir spannend erzählen, alle Sinne ansprechen und keine Fakten wiedergeben.Markiert solche „Schnitzer“ mit einer Wellenlinie.
- Loben muss auch sein!
Aber bei allem korrigieren achtet auch darauf, dass ihr Schmuckstückchen entdeckt.
Nicht alles, was man spontan auf’s Papier bringt, muss überarbeitet werden. Es passiert durchaus, dass Worte aus einem fließen und genauso so passen, wie sie sind. Sie bringen das rüber, was du rüberbringen willst und gefallen dir auch noch nach dem dritten Mal durchlesen.Markiere sie mit einem Häkchen. Wenn du das Manuskript nach einigen Tagen nochmal hervorholst (es ist wichtig die ganze Sache einmal sacken zu lassen, bevor man sich an die Arbeit macht) und dir die Stellen noch immer gefallen, dann kannst du sie ohne Überarbeitung mit in den neuen Entwurf eingliedern.
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Besonders empfehlen kann ich Julia Camerons „Von der Kunst des Schreibens“ und die Schreibtips von Raymond Carver.