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Der seltsame Fall des Benjamin Button

Heute Abend war mal wieder Hollywood angesagt, obwohl der Film, um den es ging, mit üblichen Hollywood-Produktionen wenig zu tun hat.
So melancholisch, traurig, schwermütig und romantisch, dass es wirklich die Seele berührt. Ein Film, der definitiv seine Spuren hinterlässt.

Benjamins Leben ist anders. Er wird als alter Greis geboren. Seine Mutter stirbt bei seiner Geburt, sein Vater angewidert von seiner Gestalt, setzt den Kleinen aus.
Gefunden wird er von der farbigen Altenpflegerin Queeny, der es selbst nicht vergönnt ist Kinder zu bekommen. Sie gibt zu, dass er ein wahrhaft schauriger Anblick ist, als sehr religiöse Person nimmt sie ihn aber als Sohn Gottes auf und liebt ihn.
Aufwachsen tut der junge Benjamin in dem Altenheim, in welchem seine Mutter arbeitet. Dort passt er rein äußerlich auch gut rein, bis sein Umfeld bemerkt, dass er nicht altert, sondern immer jünger wird. Er lernt laufen, verändert seine Haltung und gewinnt an Reife.
In seiner kindlichen Unschuld verliebt er sich in die kleine Daisy, die an den Wochenenden regelmäßig ihre Großmutter besucht.
Nach einer turbulenten Zeit zwischen pubertären Problemen eines alten Mannes, dem ersten Sex und dem ersten Vollrausch verlässt Benjamin seine Mutter, um als Seemann die Welt zu sehen. Er verspricht Daisy ihr von allen Plätzen der Welt Karten zu schreiben.
Er erlebt Abenteuer, verliebt sich in eine reife Dame, wird mit seiner Besatzung und dem kleinen Schiff in den zweiten Weltkrieg einbezogen und erlebt Katastrophen, die fernab von all den natürlichen Toden im Altersheim sind.
Er verliert seinen Mentor und Kapitän, lauscht seinen letzten poetischen Worten.
Er kommt nach Hause und wird kaum noch erkannt. Zwischen ihm und Daisy, die eine bekannte Ballett-Tänzerin geworden ist, keimen alte Gefühle wieder auf. Ein dramatisches Hin- und Her beginnt. Er möchte er nicht, sie ist doch (körperlich) so jung. Als sie sich Jahre wieder sehen, möchte sie nicht mehr – ihr Leben ist zu wild und abenteuerlich, sie wäre zu einer festen Bindung nicht imstande. Weitere Jahre vergehen, er besucht sie nach einem Autounfall im Krankenhaus und wird erneut abgewiesen.
Bis sie eines Tages vor seiner Tür steht und beide feststellen, dass sie sich nun in der Mitte ihres Lebens treffen. Eine wunderschöne und romantische Beziehung beginnt. Sie segeln, lieben sich im Sommerhaus, reisen, beziehen ein Haus ohne Möbel und hängen unbeschwert ihrem Glück nach, bis sie der Alltag einholt. Daisy wird schwanger. Was wird passieren? Wie kann er ein Vater sein, wenn er selbst zum Kind wird? Wie kann er sie attraktiv finden, je mehr Falten sie bekommt, während er immer mehr zu einem Highschool-Schönling heranwächst?
Ich werde nicht alles erzählen- nur soviel: ein Happy End gibt es (für meinen Geschmack) nicht.

Der Film hat so viele poetische Momente- eine große Bahnhofsuhr, die rückwärts läuft, in Gedanken an die verlorenen Kriegskinder. Mögen sie doch zurück kommen.

Die alten Leute, die einsam versterben, Hunde und Plattenspieler zurücklassen. Der kleine Kolibri, der auf offener See im Gedanken an den gefallenen Kapitän flattert. Der wunderschöne Sonnenaufgang, der den Tod und die Erkenntnis untermauert.
Auch herzlich Lachen konnte man: „Ich bin sieben Mal vom Blitz getroffen worden“ – immer wieder fing der alte Herr davon an, sieben verschiedene Szenen werden eingeblendet.

Eigentlich wollte ich morgen sofort zur Buchhandlung laufen und mir die Romanvorlage von Fitzgerald holen, bis ich eben enttäuscht festgestellt habe, dass es sich dabei nur um eine kurze und nicht sehr detaillierte Novelle handelt. Der Film wurde praktisch ganz neu konstruiert und voller Kostbarkeiten bestückt. Die Ehre dafür gebührt wohl dem Drehbuchautor Eric Roth und dem Regisseur David Fincher. Nicht die Idee an sich macht diesen Streifen groß, sondern alles, was man drumherum erschaffen hat- und die grandiosen Masken. Ich verstehe wirklich nicht, wie man eine Schauspielerin absolut realistisch als blutjunge Frau und als Großmutter darstellen kann. Ich habe keine Ahnung, wie sie Brad Pitt als alten Mann erschaffen haben- und damit meine ich nicht unbedingt das Gesicht, sondern auch den kleinen und schlaffen Körper. Fast noch eindrucksvoller war Brad Pitt in seiner jüngsten Aufnahme. Natürlich, der Mann ist eine geile Sau (und nebenbei bemerkt- hat der einen geilen Arsch in diesem Film ^^), aber in seiner letzten Szene sah er keineswegs übertrieben nicht einen Tag älter, als 25 aus. Nicht eine Falte, ein wunderschönes glattes und strahlendes Gesicht, große Augen und frische Lippen. Mein Gott!

Aber mein Herz ist schwer. Die Aufzeichnung eines ganzen Lebens beinhaltet vor allem eine Sache: den Tod und den Verlust.
Der Verzicht auf Liebe, die Gewissheit, dass ein ganzes Leben nicht ausreicht, um genug davon zu bekommen und das Wissen, dass es keinem von uns erspart bleibt- loszulassen und liebe Menschen zu beerdigen.
Der Film ist grandios und zu hart zugleich. Ich habe nie etwas vergleichbar schönes gesehen und wurde noch nie mit dieser Schwermut zurückgelassen. Man kann nicht heulen. Nicht richtig zumindest. Man wird von Mitleid, einem leichten Blues und sehr viel Einsamkeit geschüttelt. Es steckt tiefer; es lässt sich nicht herausweinen. Die Konfrontation wird kommen, früher oder später.

Der Trailer:

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2 Kommentare

  • Antworten Nancy Februar 17, 2009 um 8:21 am

    Ich habe mir den Film auch vorgenommen – du hast mich jetzt darin bestärkt 😉

    Laut Buchkatalog.de (>>Kulturnews) soll Mark Twain ja mal folgendes gesagt haben: „Das Leben würde unendlich viel glücklicher verlaufen, wenn wir mit 80 geboren würden und uns langsam auf 18 zu bewegten.“
    Genau darum geht es im Film ja. Aber ich glaube nicht, dass Twain meinte „nur einer solle jünger werden“.

    Auf alle Fälle ein interessantes Thema!

  • Antworten Lilly Februar 17, 2009 um 6:09 pm

    Wenn es allen Menschen so gehen würde, ja, dann stimme ich Mr.Twain auch zu. Dann am weisesten zu sein, wenn der Körper am schönsten und der Geist am frischesten ist, hat schon was.
    Ich habe manchmal das Gefühl, dass wir unsere Jugend in jungen Jahren garnicht schätzen, weil wir einfach nicht wissen, was es bedeutet zu altern, der Endlichkeit entgegenzutreten und mehr und mehr Verantwortung zu übernehmen.
    Es rückwärts zu erleben wär also wirklich ein Segen- wir werden jünger, schöner, freier, unbeschwerter … hach.

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