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Carlos María Domínguez – Das Papierhaus

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Ein Buch für Leseratten. Lektüre über die tiefe Liebe zum Buch. So hat es geheißen. Zudem war es eine Empfehlung von Elke Heidenreich, wie ein dicker Aufkleber auf dem Cover verkündet. Klingt reizvoll.
War es aber nicht, um gleich auf den Punkt zu kommen.

In seiner kleinen Novelle, die absurderweise als Roman bezeichnet wird, erzählt Dominguez von Bluma, einer Literaturdozentin, die von einem Auto angefahren wird, weil sie sich auf Emily Dickinsons Gedichte konzentriert hat und nicht auf den Verkehr. Sie stirbt. Ihr Kollege öffnet nach ihrer Beisetzung eine Buchsendung, die an sie adressiert ist, findet ein staubiges und schäbiges Exemplar der Schattenlilie mit einer Widmung, die sie für einen Mann geschrieben hat.
Irgendwas daran scheint ihn verstört zu haben, vielleicht war es auch nur die pure Neugier. Denn er macht sich kurz darauf auf den Weg nach Südamerika und versucht diesen geheimnisvollen Mann aufzuspüren. Auf seiner Reise erfährt er, dass Blumas Lover ein exzentrischer Büchernarr ist, der durch die Massen seiner Schätze in den Wahnsinn getrieben worden ist. Nachdem die Zettel mit einem einzigartigen, von ihm über Monate entwickelten, Katalogisierungssystem (Autoren, die sich gestritten haben dürfen nicht nebeneinander stehen – trotzdem muss man sich bei 20.000 Büchern direkt zurrecht finden können) verbrennen, dreht er durch. Er zieht irgendwo ans Meer, man kann auch sagen an den Arsch der Welt, und lässt sich aus seiner wertvollen Bibliothek ein Haus mauern.

So uninteressant klingt das gar nicht, wenn ich mir meine kleine Inhaltsangabe jetzt noch mal durchlese. Leider ist es das aber. Das Büchlein ist so kurz, dass man es in einer Stunde fertig gelesen hat und so sprunghaft und abgehackt erzählt, dass mit zu keiner einzigen Person eine Verbindung aufbauen kann.
Ich habe weder verstanden warum Blumas Lover durchgedreht ist, warum einer seiner Bekannten seine Geschichte nicht fertig erzählen konnte und auch nicht, warum Blumas Kollege so unglaublich neugierig war.

Die Geschichte hatte keinen Flow. Sie wurde runtergerattert, angereichert mit einem Haufen Autorennamen, wahrscheinlich hispanische Klassiker, mit denen ich nichts anfangen konnte, und mit unglaubwürdigen Personen sowie ein paar wenigen zusammenhanglosen Buchweisheiten ergänzt.

Was wollte der Autor mir nun sagen? War das Ganze ein Mahnmal á la Achte auf Deine Büchermenge, kaufe nicht mehr als Du lesen kannst und versuche Deinen Schatz klein zu halten, sonst wirst Du irgendwann durchdrehen? Oder Achtung, Bücher bringen Dich ins Grab. Halte Dich von Emily Dickinson fern?
Erst hieß es, dass Blumas Kollege sich erinnern wollte, ja, dass die Tatsache, dass alles irgendwann verblasst, ihn krank gemacht hat. Zum Schluss hieß es dann aber, dass er nicht vergessen konnte. Was vergessen? Geschichten? Bluma?

Besonders sinnlos fand ich die Karte Südamerikas, die auf durchschimmerndem Papier eingefügt war. Sie sieht zwar chic aus, aber der Erzähler hat a) gar keine großen Reisen unternommen und b) wurde alles so kurz und knapp erzählt, dass man überhaupt nicht durcheinander kommen konnte.

Das war also leider ein Flop für mich. Liegt es am Autor? Ich bin nicht sicher, denn ich habe die leise Vermutung, dass ich das Ganze einfach nicht verstanden habe. Vielleicht wurde das Buch einfach nicht für jemanden wie mich geschrieben? Oder vielleicht sollte ich mich erst in einigen Jahren noch mal daran versuchen, um die Perle zu entdecken, die ich diesmal übersehen habe.

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1 Kommentar

  • Antworten Emily August 22, 2009 um 9:54 am

    Mir gefiel „Das Papierhaus“ eigentlich sehr gut. Ich hatte es mir in der Hardcover Ausgabe gegönnt, da ist schon die Gestaltung ein Traum. Der Einband mit Relief in Holzstruktur, fadengeheftet, das Papier zeigt noch deutlich die Schöpfspuren … Vielleicht hatte mich das auch etwas beeinflusst.

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