Der Nobelpreisträger ging wieder an einen Kandidaten, mit dem die Welt nicht gerechnet hat. Wer wie darauf reagiert habe, habe ich in diesem Artikel einmal kurz zusammengefasst:
Elke Heidenreich kann sich das Lästern nicht verkneifen. Sie style sich wie Angela Merkel und müsse „dringend mal eine neue Frisur kriegen, damit die Neuseeländer nicht denken, dass man solche Frisuren in Deutschland trägt“, schreibt sie auf stern.de
Ihre Literatur findet sie allerdings „grandios“, und zeigt sich erleichtert, dass Philip Roth den Titel nicht erhalten hat.
Wie Heidenreich sieht es auch die Bundeskanzlerin als ein „wunderbares Signal“, dass 20 Jahre nach Fall der Mauer ein solches Buch die höchste Auszeichnung der Welt erhalten hat.
In den allgemeinen Glückwünschen stimmen auch andere Politiker wie Claudia Roth, Klaus Wowereit oder Horst Köhler ein.
Unser aller Freund Marcel Reich-Ranicki hatte nur zwei Sachen zu sagen:
„Ich will nicht über die Herta Müller reden. Adieu“
Ob ihm die Journalistenmeute mal wieder auf die Nerven ging, er sich insgeheim doch wieder Chancen für seinen Liebling Philip Roth ausgerechnet hat, Müllers Romane nicht kennt, oder sie schlichtweg unwürdig findet- da darf jetzt jeder für sich allein spekulieren.
Günter Grass zeigte sich zufrieden mit der Wahl und hält Müller für eine sehr gute Romanautorin. Persönlich habe er aber Amos Oz favorisiert.
Herta Müller selbst sagt, sie habe nicht mit dem Titel gerechnet. Fotos, die sie absolut euphorisch zeigen, ihre bisher wortkargen Stellungnahmen und eine Pressesprecherin, des Hanser-Verlags, die verriet Herta habe am Telefon gelacht und geweint, scheinen das zu bestätigen.
Die Blogs und das Ausland
Die (Buch)Blogwelt habe ich nur grob ausgelotet. Der allgemeine Tenor scheint jedoch zu sein, dass man das Gefühl habe der Preis würde nur noch avantgardistisch verliehen, nach dem Motto „je unbekannter, desto besser“. Siehe Bibliomanie.
Andere reagierten genau wie ich: Herta Müller? Kenne ich nicht. Muss ich das jetzt lesen? (vgl. libromanie, Bücher über alles)
Während wir uns in Deutschland zufrieden, oder gleichgültig geben, wird in Übersee teilweise Gift und Galle gespuckt.
Der Artikel „Raising Eyebrows at Herta Müller’s Nobel Prize“ fasst einige Stimmen zusammen. Man „beschuldigt“ das Nobelpreis-Commitee spezielle Lieblinge zu haben – sich hauptsächlich auf Europas Minderheiten zu konzentrieren. Jemand anderes behauptet diese Underdogs würden in Amerika sowieso nicht punkten, weil der durchschnitte US-Bürger sich damit nicht identifizieren könne. Und überhaupt – die Freude über den Niedergang des Kommunismus wäre noch lange kein Grund einen solchen Preisträger zu küren.
Was denke ich selbst, 3 Tage nach Bekanntgabe?
Nichts, bis ich nicht auch etwas von ihr gelesen habe. Mein Favorit wird aber jedes Jahr wieder John Irving sein, weil er die Tragik der ganzen Welt in einen Roman packen kann, und uns trotzdem zeigt, wie man es mit Humor nimmt. (auch wenn ich es nicht befürworte, dass er 2002 mit den Worten „was haben die bisherigen Preisträger, was ich nicht habe?“ gegen die Jury wetterte)
Diskussionen über Philip Roth, John Updike und Co. finde ich aber recht müßig. Alfred Nobel hat in seinem Testament nicht veranlasst die beste Literatur auszuzeichnen, oder die teuerste Marketingabteilung, sondern den Autor „der das Beste in idealistischer Richtung geschaffen hat.“
Das kann auch jemand getan haben, der bisher nur 10 Bücher verkauft hat; diese Forderung ist nicht an große Namen geknüpft.
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