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Isabel Abedi – Isola

isolaFür zwölf Teenager beginnt ein großes Abenteuer. Sechs Mädchen und sechs Jungen wurden vom berühmten Regisseur Quint Tempelhoff ausgewählt, drei Wochen auf einer einsamen Insel in Brasilien zu verbringen. Gemütliche Unterkunft, Narrenfreiheit, Traumstrand und reichlich Verpflegung inklusive. Einziger Haken, sofern man ihn denn als Haken empfinden will: Die gesamte Insel ist mit Kameras verkabelt und vernetzt. Ganz im Sinne von Big Brother bleibt kein Schritt ungesehen, denn die Jugendlichen sind das Futter für Tempelhoffs neues Dokumentarfilm-Projekt.

Wir lernen Vera kennen, die sich, wie alle anderen, für diesen Film einen neuen Namen, einen Inselnamen, zugelegt hat. Still und schüchtern beobachtet sie das Geschehen und stellt als Ich-Erzähler alle Charaktere vor. Da gibt es zum Beispiel Moon, das sanfte Mädchen mit der Glatze, die quirlige Elfe, die sich wie ein Hippie kleidet, die hochnäsige Darling, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit ihrem Sexappeal die Jungen zu verführen, Neander, ein großer und klobig wirkender Junge, der sich für Vogelkunde interessiert, der geheimnisvolle Solo, der wie Vera wenig spricht oder Joker, der, wie sein Name es schon verrät, dafür sorgt, dass alle viel zu Lachen haben.
Hier jeden Namen aufzuzählen und jede Figur vorzustellen, macht nicht viel Sinn. Aber die Autorin hat es clever gelöst. Niemals hat man den Eindruck, jemanden zu verwechseln oder einen Namen zu vergessen. Man prägt sich jeden Charakter sofort ein.

Alle sind sie dort auf Isola. Und alle haben sie unterschiedliche Beweggründe. Manch einer möchte groß rauskommen, jemand anderes seine tote Schildkröte beerdigen, andere sich nur eine schöne Zeit machen. Aber einige von ihnen tragen auch ein Geheimnis mit sich herum, das ein Schatten auf ihr Leben wirft.

Von Anfang an spüren wir, dass etwas Schlimmes geschehen muss. Denn Vera erwähnt immer wieder, dass sie damals hätte weglaufen sollen; dass sie die Chance gehabt hätte, allem aus dem Weg zu gehen.
Nach einigen Tagen überrascht Tempelhoff die Teenager mit einer schriftlichen Botschaft. Ein Spiel soll gespielt werden: Jeder von ihnen soll eine von zwölf Karten ziehen. Auf elf findet sich der Aufdruck „Opfer“, auf einer steht „Mörder“.
Natürlich soll niemand wirklich umgebracht werden.  Die Aufgabe des Mörders ist es, die anderen abzupassen, wenn sie allein sind – und sie in ein geheimes Versteck zu führen, wo sie später von Assistenten abgeholt werden. Ihre Zeit auf der Insel ist dann vorbei.

Das große Rätselraten beginnt. Von wem halte ich mich fern? Wer könnte es sein? Was kann ich tun, dass der Verdacht nicht auch auf mich fällt?
Für den Leser ist es wirklich unglaublich spannend, dieses Spiel mitzuspielen. Aber es wirkt zu keinem Zeitpunkt so bedrohlich,  wie es die unterschwellige Stimmung von Vera verrät. Es ist doch nur Spaß? Was kann dabei schon schief gehen?

An dieser Stelle möchte ich nicht alles verraten. Deshalb nur soviel: Die Jugendlichen geraten dann doch in eine merkwürdige Situation, die sie zu Tode erschreckt. Und was sie am Ende so leblos auf dem Wasser schwimmen sehen, ist auch genau das: Der Tod. Einer von ihnen…
… und niemand kommt ihnen zur Hilfe.

Der Roman ist sehr spannend und turbulent und hält neben einer Art Krimi oder Thriller auch noch etwas Romantik bereit. Die Geschichte um Veras Vergangenheit konnte mich zwar nicht wirklich berühren, weil sie sich eben damals abgespielt hat und mit dem Jetzt wenig zu tun hat, aber trotzdem fand ich, dass Isabel Abedi da einen ganz außergewöhnlichen Hauptcharakter geschaffen hat. Eine stille Heldin voller Traurigkeit, die aber niemals bemitleidenswert wirkt.
Gestört hat mich lediglich der zu schnelle und etwas verwirrende Showdown. Das Rätsel wird zwar logisch aufgelöst, beinhaltet aber trotzdem einige Komponenten, die etwas an den Haaren herbeigezogen wirkten. Man hätte diese gut und gern untermauern können, indem man in der vorherigen Handlung noch mehr versteckte Hinweise untergebracht hätte.

Wirklich schade fand ich, dass der Roman sehr kurz war. Diese zwölf Personen waren so toll angelegt, dass ich zu gern noch mehr von ihnen erfahren hätte. Warum hat Moon keine Haare mehr? Weshalb war Darling so unfair? Wie kommt es, dass Neanders inneres Wesen und sein Aussehen so auseinanderklaffen?
Es ist sicher ein gutes Zeichen, dass ich gern noch so viel mehr Zeit in dieser Welt verbracht hätte, aber gleichzeitig beschleicht mich auch das Gefühl, dass damit das Potential dieses Buches nicht vollständig ausgeschöpft wurde.


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3 Kommentare

  • Antworten Asena September 17, 2010 um 9:49 pm

    Hallo! 🙂

    Dieses Buch ist mir in der Buchhandlung durch sein schlichtes Cover auch in den Blick geraten, doch irgendwie habe ich es letztendlich nie in die Hand genommen. Jetzt brennt es mir irgendwie in den Fingern, es zu lesen! Zuvor hatte ich nie etwas von Isabel Abedi gelesen, wobei sie ja eine gute Autorin sein soll.

    Es scheint auf jeden Fall etwas Besonderes sein. Dankeschön, für das tolle Review!

    Liebe Grüße, Asena x)

  • Antworten Nina [libromanie] September 23, 2010 um 10:45 am

    Ich verwechsle das immer mit »Imago«. Das subbt bei mir nämlich schon. »Isola« zieht dann aber bald auch nach.
    Danke für die Erinnerung! 😉

    Liebe Grüße + schön, wieder von dir zu lesen!
    Nina

  • Antworten Kirsten September 26, 2010 um 1:34 pm

    Mich erinnert das sehr an den Roman „Herr der Fliegen“ – einsame Insel, verschiedene Charaktere, die aufeinander treffen, provozieren, kokettieren, es gibt Dominante und Unterjochte und aus Spaß wird irgendwann Ernst, bis es Tote gibt. Trotzdem ein interessantes Buch, in das man mal hineinschauen sollte. Danke für den Tipp!

    Ich kann mich Nina nur anschließen: Es ist schön, hier wieder etwas von Dir zu lesen. Schade, dass es so ruhig geworden ist.

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