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EM2008: Fußballfrust und Leselust?


Ich glaube ich werde schizophren. Da habe ich gestern Nacht- hundemüde- in einem Blog ein Artikel entdeckt, der Fußballfieber mit Literaturgenuss vergleicht. Zumindest glaube ich diesen gelesen zu haben. Ich kann ihn heute nirgendwo mehr finden.
Wie kann man so blöd sein und vergessen eine Seite zu bookmarken, über die man schreiben will?
Nun, kurz zusammengefasst:
Die Schreiberin, ein Fußballmuffel, hat sich über die EM-Euphorie aufgeregt und fragt sich warum die Menschen niemals so aus dem Häuschen geraten, wenn es um Bücher geht. Warum Bücherfans nicht laut in der Straßenbahn grölen und Buchseiten vorlesen oder warum Lesungen mit anschließenden Diskussionen nicht als echtes Gemeinschaftsgefühl empfunden werden im Gegensatz zu den angeblich „gefakten“ Fußball-Emotionen.

Aber mal ehrlich. Kann man Fußball und Literatur wirklich miteinander vergleichen?
Das lässt mich leicht schmunzeln, denn es scheint mir ein wenig wie der Vergleich von Gurken und Erdbeeren mit der anschließenden Nachfrage warum Gurken denn nicht auch süß seien.
Natürlich kann ein tolles Buch genauso spannend sein, wie Fußballspiel.
Der Unterschied ist jedoch, dass Lesen zumeist ein sehr privates, teils auch intimes Erlebnis ist, während das Ballspiel erst dann seinen richtigen Charakter entfalten kann, wenn eine Gemeinschaft versammelt ist.

Klar gibt es auch Literaturgemeinschaften wie VHS-Gruppen oder Lesungen. Aber wo ist da der Reiz für sämtliche Bücherratten?
Ich bin auch ein leidenschaftlicher Leser, aber meine Bücher möchte ich für mich persönlich haben, genießen, vor Aufregung zuschlagen, innehalten, um dann tief Luft zu holen und wie gebannt an entsprechender Stelle weiter zu lesen.

Fußball ist etwas vollkommen anders. Das kann ich in meiner Einsamkeit nicht genießen. Das Spiel schreit gerade so nach Supporter. Es ist Gemeinschaftsgefühl, Heimat, Lokalpatriotismus, ein freundschaftlicher Wettbewerb.
Und eine EM oder WM ist so ein bisschen wie Weihnachten: sie wecken Kindheitserinnerungen, schüren Vorfreude und bringen eine Menge Traditionen und Rituale mit sich. (Gesänge, Bier, bunte Fahnen, Spielpläne zum Ausfüllen etc.)

Würde ein Leser sein Buch laut in der Straßenbahn oder im Bus vorlesen und die Fußballfans sich ganz im Stillen für sich selbst freuen, dann würde es mich auch nicht wundern, wenn ACDC in Universitäten auftreten, während man in den angesagtesten Clubs die Nächte durch
 …über Franz Kafka sinnieren würde.

Ein Buch ist ein Gegenstand. Eine wundervolle, fiktionale Welt.
Aber Fußball ist ein Lebensgefühl, es ist „Jetzt“, es ist Realität.
Hat man einmal mit Hunderttausenden die Nationalhymne gegröhlt, ist dem Nebenmann vor Freude heulend in die Arme gesprungen oder hat eine Nacht ausgelassen mit den Nationen der Welt gefeiert, weiß man, dass es sich um echte Emotionen handelt und kein „Pseudo-wir-haben-uns-alle-lieb.“
Fußball ist ein Teil dieser Welt. Ein Buch nur ein Abbild dieser.
Aber Fußball und Bücher sind auch keine Gegensätze …

… sagte sie und nahm das verstaubte Antiquariat WM Mexiko 1986 aus ihrem Regal.

Auf ein faires und spannendes Turnir!

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