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Schreibschule: Der Arbeitsplatz

Zum Thema Vorüberlegungen für das Schreiben eines Romans, hat die Autorin Kirsten Marohn heute einen sehr langen und interessanten Kommentar hinterlassen.
Ich fand ihn zu gut, um ihn irgendwo in der Versenkung verschwinden zu lassen und habe beschlossen ihn hier als eine Art Gastbeitrag zu posten:

»Bevor man mit dem Schreiben beginnt, sind praktische Dinge von Belang, wie die Frage: Wo will ich schreiben?

Nun kann man antworten: Überall. In Zeiten des tragbaren Laptops ist diese Antwort sicherlich berechtigt, aber die Antwort ÜBERALL ist Segen und Fluch zugleich. Möchte man an einem Roman ernsthaft arbeiten, tut man gut daran, sich einen dauerhaften Platz zu suchen, der für das Schreiben – und nur für das Scheiben – reserviert ist. Das kann die Wäschekammer, der Dachboden, die Küche oder der Hobbykeller sein – Hauptsache, Körper und Geist haben an diesem Ort das Gefühl, zur Ruhe zu kommen und in die magische Welt der Buchstaben abzutauchen.

Stephen King rät in seinem Buch “Über das Leben und Schreiben”, alle störenden Aspekte wie Telefon, Handy, Internet, Türklingel etc. abzuschalten. Gerade für Schreibanfänger ist es sehr wichtig, sich nicht ablenken zu lassen. Ablenkung, sprich Zerstreuung, ist in der heutigen Zeit DAS große Problem eines Schriftstellers. Was nützen die besten Ideen, wenn man sich nicht konzentrieren kann? Wandern die Gedanken ständig ab oder werden vom Klingeln eines Handys unterbrochen, wird man es nie schaffen, eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen. Und wie will man anderen etwas erzählen, wenn man nicht mal die eigenen Gedanken hören kann?

Man benötigt einen Platz der Rückbesinnung. Heißt das nun, ich muss mir eine Wellnessoase suchen?
Weniger ist oft mehr. Stephen King schrieb seine ersten Romane in einem winzigen Verschlag in seinem Wohnwagen, hinter einer Sperrholztür tobten Frau und Kinder. Die Ausrede “Ich hab aber keinen Platz!” gilt nicht. Will man ein Buch schreiben, muss man sich dieses Plätzchen schaffen.

Wie findet man nun so ein Plätzchen zum Schreiben?

Ein gemütlicher Ort muss nicht unbedingt ein guter Ort sein, genauso andersherum. Auf der Suche nach dem idealen Platz zum Schreiben gelten andere Regeln. In der Küche habe ich viel Licht, kann in den Garten schauen, wunderschön, nur leider gänzlich ungeeignet, um die eigenen Gedanken auf einen Roman zu konzentrieren, wenn alle naslang eine Amsel vorbeifliegt, ein Eichhörnchen zum Fenster hereinschaut – oh, wie süß, wird man sagen, und im Nu ist man wieder aus der Handlung seines Romans katapultiert.

Den speziellen Platz zum Schreiben muss jeder für sich selbst finden. Bei mir ist es das alte Sofa


im Schlafzimmer unter dem Hochbett. Ich mache die Tür hinter mir zu, lasse ein Rollo an der einen Bettseite herunter und befinde mich dadurch quasi in einer Höhle, die nur zu einer Seite offen ist. Nun muss sich nicht jeder so eine Höhle schaffen, aber man sollte in sich hineinhorchen. Wie reagieren Körper und Geist auf meine Umgebung? Kommen die Gedanken hier zur Ruhe, kann ich mich hier auf mein Manuskript konzentrieren? Ständig wechselnde Plätze zum Schreiben sind meiner Erfahrung nicht förderlich, um in die Handlung eines Romans abzutauchen. Man kann seine Konzentration trainieren, indem man sich einen dauerhaften Platz sucht, an dem Körper und Geist zur Ruhe kommen und wissen, hier können die Gedanken des Alltags abschalten und in die Welt der Buchstaben eintauchen. Wählt man das richtige Plätzchen, stellt sich mit der Zeit eine Routine ein: Im Kopf fällt ein Kippschalter um. Indem ich in meinem Schlafzimmer die Tür schließe und das Rollo runterlasse, signalisiere ich mir selbst und meiner Umwelt: “Hier bin ich, um zu schreiben – und wegen nichts anderem.”«

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1 Kommentar

  • Antworten Réka September 8, 2008 um 3:57 pm

    Diese Frage taucht für alle, die zu Hause arbeiten, sich ruhig mit einem Hobby beschäftigen wollen, auf. Wenn kein eigenes Zimmer zur Verfügung steht, soll es mit den anderen Einwohnern des Hauses besprochen werden, wann und wo man eine Weile Zeit in Ruhe verbringen möchte.

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