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F. Scott Fitzgerald – Der seltsame Fall des Benjamin Button

Doch nach und nach wich der honigfarbene Ton ihres Haares einem langweiligen Braun, das blaue Emaille ihrer Augen wurde stumpf und erinnerte immer mehr an billiges Steinzeug; obendrein aber und vor allem war sie mittlerweile viel zu sehr in ihren Gewohnheiten verhaftet, zu selbstgefällig, zu zufrieden, zu blutleer in Momenten der Erregung und von zu nüchternem Geschmack. In der Brautzeit war sie es gewesen, die Benjamin zu allen möglichen Tanzvergnügen und Diners geschleppt hatte – heute war es umgekehrt. Sie begleitete ihn zwar noch, wenn er in Gesellschaft ging, doch ohne Enthusiasmus, schon angefressen von der ewigen Trägheit, die jeden von uns irgendwann ereilt, die heimlich still und leise von uns Besitz ergreift und uns bis ans Ende unserer Tage nicht mehr loslässt.

benjaminbutton
Wie bereits in dem Artikel zum Kinofilm erwähnt, hat diese Novelle von Fitzgerald nur wenig mit dem Film Der seltsame Fall des Benjamin Button gemein. Die Idee alt geboren zu werden und jung auf die Welt zu kommen ist das einzige, was beides verbindet.
In diesem Buch wird Benjamin nicht als greises Baby geboren, sondern kommt als 70-jähriger recht weiser Mann auf die Welt, der sprechen kann und die Welt inklusive ihrer Zusammenhänge komplett versteht.
Hier wird er nicht ausgesetzt, sondern von seinem Vater mit nach Hause genommen, der ihm absurder Weise nur zögerlich gestattet etwas anderes als Milch zu sich zu nehmen und ihn zwingt sich die grau-weißen Haare dunkel zu färben und Kindersachen zu tragen.

Der Film erzählt von ungewöhnlicher Liebe und Verlust, vom Krieg und vom Tod. Er zeigt Benjamins Ziehmutter, Ballett, charakterstarke Figuren im Altersheim und wirft die zentrale Frage auf, wie die Liebe zwei entgegengesetzt verlaufenden Leben trotzen kann.

Das Buch ist spärlich mit dem Drumherum ausgestattet. Es erläutert in nur 11 kurzen Kapiteln auf 67 Seiten Benjamins verschiedene Lebensabschnitte. Er wurde von der Universität verwiesen, weil man ihm sein Alter nicht abnahm, arbeitete dann im Geschäft seines Vaters, verliebte sich auf einer feierlichen Veranstaltung in eine Frau und heiratete sie. Er wurde jünger, sie älter – beide hatten sich bald satt. Er ging zur Armee, kehrte aber wegen seines Geschäfts zurück. Die Kluft zwischen ihm und seine Frau wurde immer größer – er feierte wie ein verrückter, sie warf ihm vor (wieder sehr absurd), dass er seinen Verjüngungsprozess nicht aufhalten würde.

Mit 50 Jahren und dem Aussehen eines 20-Jährigen, schrieb er sich erneut an einer Universität ein. Seine Frau hat ihn verlassen, genauso wie seine geistigen Fähigkeiten langsam zu schwinden scheinen.
Die letzten Lebensjahre verbringt er bei seinem Sohn, der sich für ihn so sehr schämt, dass er erwartet Onkel genannt zu werden.

Spannung? Null! Es passiert nichts Aufregendes, nichts, was man nicht erwartet hätte. Man ist nicht in der Lage ein Verhältnis zu den Figuren aufzubauen; sie sind alle gleich, keine hat ein besonderes Merkmal, niemand einen leidenschaftlichen Antrieb.
Die Geschichte bleibt zu kurz und zu platt, als dass sie einen wirklich in ihren Bann ziehen könnte. Der Film ist dem um Meilen voraus.

Was allerdings nicht vergessen werden darf ist die Fitzgeraldsche Schöngeistigkeit. Wenn der Inhalt es auch nicht ist, die Sprache ist grandios.
Und so spreche ich doch eine leise Empfehlung an alle aus, die den Film nicht kennen, und die Liebhaber einer beflügelten Schreibe sind. Die Geschichte ist in einer halben Stunde gelesen. Zwar entbehrt sie sich dem Besonderen, ist aber dennoch nicht ganz ohne Reiz.

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3 Kommentare

  • Antworten Eddie Juli 14, 2009 um 9:19 am

    Mir ist aufgefallen, dass sowohl Charles Dickens, W.Somerset Maugham, Leo Tolstoi und Co. ein ganz besonderes Händchen für eine wunderschöne, zeitlose Sprache hatten, und mit sehr viel Eleganz schreiben und sich ausdrücken konnten.
    Aber von einem spannenden Aufbau mit Konflikten und Rätseln und unerwarteten Wendungen und einer straffen Handlung hatten diese Herren nicht viel Ahnung.
    Vielleicht waren diese Punkte früher belanglos.

  • Antworten Lilly Juli 14, 2009 um 1:40 pm

    Moderne Spannung, Cliffhanger und ein Durchjagen durch den Inhalt erwarte ich ja auch nicht.
    Sein der große Gatsby war auch nicht wirklich spannend. Aber der Eindruck, den man von den Figuren bekommen hat, die genaue Darstellung der Tragig und die wunderschöne Sprache haben den Roman trotzdem zum Lesegenuss gemacht.

    Wenn keine Spannung, dann zumindest Tiefe und viel Reflektion.

  • Antworten lena obermann August 25, 2009 um 1:21 pm

    ich will das buch haben

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