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Interview mit Kirsten Marohn

Erst kürzlich habe ich eine Pressemitteilung einer Autorin veröffentlicht, die sich für einen anderen Weg entschieden hat. Den Weg abseits der großen Verlage ein Buch zu veröffentlichen. Kirsten Marohn ist dabei sich selbst zu verwirklichen, indem sie Abstand von geldgierigen Verlagsstimmen genommen- und ihr Leben dem Schreiben gewidmet hat.

Ich freue mich, dass sie sich für ein Interview zur Verfügung gestellt hat und ganz offen über große Veränderungen, Schreiben und auch Fehlentscheidungen plaudert:

Hallo Kirsten. Kürzlich hast du dein Buch Lappalie veröffentlicht. Worum geht es darin?
Das Buch handelt von Jasmin, einer jungen Frau, die eigentlich alles hat – einen erfolgreichen Mann, einen schönen Teilzeitjob, finanzielle Unabhängigkeit. Was keiner weiß: Jasmin wurde vor 12 Jahren von ihrem Schwiegervater vergewaltigt. Ihr Liebesleben

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ist seitdem die reinste Farce. Eines Tages entdeckt sie, dass ihr Ehemann eine Affäre hat. Und dann ist da noch ihr Schwager Sven, der seit der Hochzeit in sie verliebt ist …

Hast du schon immer gern geschrieben?
Als Jugendliche habe ich Kurzgeschichten verfasst, an einen richtigen Roman habe ich mich aber – leider – erst mit Anfang 30 gewagt. Manchmal denke ich, „warum bist Du damit nicht schon viel früher angefangen?“ Aber wie heißt es so schön? Gut Ding braucht Weile. Frank Schätzing hat mal gesagt, das eigentliche Aufschreiben der Ideen sei der langweilige Part am Job des Schriftstellers – dem muss ich widersprechen! Das Schreiben, das Finden der Worte, das Versinken in der Sprache, all das macht für mich das Schöne am Schreiben aus.

Würdest du sagen, dass jeder das Schreiben lernen kann, oder bedarf es dazu ein besonderes Talent?
Ich denke, wenn wirklich das Interesse für das Schreiben da ist, ist das schon die halbe Miete. Wer viel schreibt und wer vor allem viel liest, wird mit der Zeit immer besser in Stil und Ausdruck werden. Talent zum Schreiben hat in meinen Augen somit jeder. Talent zum Veröffentlichen? Nun, der Buchmarkt entscheidet heutzutage, ob ein Autor Talent hat. In meinen Augen hat jeder Talent, der mich mit einer Geschichte fesseln kann – egal, ob diese Geschichte professionell veröffentlicht wurde oder seiner Nachttischschublade entstammt.

Woher nimmst du deine Ideen für deine Geschichten? Und wie viel davon ist autobiografisch?
Meine Geschichten entstehen immer aus einem intensiven Gefühl heraus, meist aus einem negativen, beklemmenden Gefühl. Von dem her handelt es sich bei den Gefühlen, die ich in meinen Romanen beschreibe, meist um real empfundene Gefühlsebenen, was aber nicht heißt, dass ich auch das Beschriebene erlebt habe. Bei meinem aktuellen Roman „Lappalie“ geht es weniger um die Vergewaltigung, als um das Gefühl des Ausgeliefert seins, das die Protagonistin empfindet. Ich denke, wir kennen alle das Gefühl der Ohnmacht und des Verlusts, wenn ein Mensch uns enttäuscht. Andererseits sehnen wir uns alle nach dem Bedürfnis, uns jemandem hingeben zu können, als Mensch angenommen zu werden, ohne uns verstellen zu müssen – das sind die Dinge, die mich umtreiben, wenn ich an einer Geschichte dran bin.


Wie sieht dein Schreiberalltag aus? Hast du feste Zeiten, an denen du dich an den Schreibtisch setzt?
Früher hatte ich da sehr starre Regeln. Von 7 bis 13 Uhr meinen Halbtagsjob. Von 14 Uhr bis 17 Uhr schreiben. Jeden Tag. Ohne Ausnahme. Egal, ob ich Lust hatte oder nicht. Ich hatte denn irrigen Glauben, ein richtiger Schriftsteller muss das. Sicherlich sind Disziplin und Fleiß wichtig, wenn man eine Geschichte irgendwann zu Ende bringen will, aber mit der Kreativität ist das so eine Sache, die lässt sich nicht einfangen und schon gar nicht herbeizwingen. So geschah es, dass mir die Lust am Schreiben verloren ging. Das geschieht schnell, wenn man ein Ziel wie das Veröffentlichen eines Buches vor Augen hat. Wichtig ist jedoch nicht das Veröffentlichen, sondern das eigentliche Schreiben. Heute schreibe ich nur noch, wenn ich wirklich Lust dazu habe, meist ist das jeden Tag der Fall, ich genieße es wieder, aber sobald ich merke, dass ich mich zu etwas zwinge, lasse ich sofort die Finger davon.

Um dich selbst zu verwirklichen und mehr Zeit mit dem Schreiben zu verbringen hast du deinen Job gekündigt. War das eine schwere Entscheidung? Wie hat deine Umwelt darauf reagiert?
Meine Umwelt hat das sicherlich nicht verstanden, aber doch akzeptiert. Ich war mir anfangs selbst nicht sicher, wie ich das Ganze umsetzen will, ich wusste nur, in diesem Job (damals war ich Sachbearbeiterin) willst Du nicht für den Rest deines Lebens bleiben. Da muss noch mehr sein, dachte ich. Sicherlich verdiene ich heute weniger als früher, aber Geld ist nicht alles. Ich habe heute viel mehr Zeit, für mich, für meinen Mann, für das Schreiben. Lebensqualität ist mit Geld nicht aufzuwiegen.

Hast du literarische Vorbilder?
Ich bewundere Stephen King, für seinen unglaublich hohen Output über die Jahre. Selbst sein schlechtestes Buch ist meiner Meinung nach noch besser als so manches der heutigen Bestsellergenerationen. Er ist ein wahrer Geschichtenerzähler. Man merkt ihm bei jeder Zeile die Leidenschaft für die Sprache an. Seine Detailfreude, die Zeit, die er sich für den Aufbau einer Geschichte nimmt, die Ruhe, die jede seiner Zeilen entspringt. Seine Werke sind genreübergreifend. Der Bestseller des Jahres zu werden, hat viel mit Glück zu tun. Über drei Jahrzehnte Bestseller abzuliefern – dafür muss man sein Handwerk schon ziemlich gut beherrschen.

Es wird gesagt Schreiben ist eine brotlose Arbeit. Wie stehst du dazu?
Ich schätze, die Mehrheit aller Autoren kann vom Schreiben nicht leben. Andererseits muss man sehen, ist es heutzutage leichter wie nie zuvor, ein Buch zu veröffentlichen. Nimm nur die ganzen Book on demand Anbieter. Im Vergleich zu früher, wo man ein Manuskript per Hand schreiben oder mit der Schreibmaschine tippen musste, kann heute jeder mit einem Internetzugang sein Buch kostenlos selber verlegen. Für 39.90 Euro sogar in den Buchhandel bringen. Es wird viel gejammert, aber eigentlich geht es dem heutigen Autor besser als je zuvor.

Wo wir gerade bei Verlagen sind. „Lappalie“ wurde beim Shaker-Media Verlag veröffentlicht, von dem du nun im Nachhinein doch enttäuscht bist. Warum?
Die Schuld trifft wohl uns beide gleichermaßen. Generell ist es mir aufgrund drastischer Kostenveränderungen beim Shaker Media Verlag nicht möglich, mein nächstes Buch oder auch nachfolgende Bücher dort zu einem erschwinglichen Preis unterzubringen. Mit 24,80 Euro (Verkaufspreis vom aktuellen Buch „Lappalie“) liege ich schon hart an der Schmerzgrenze, ein neues Buch müsste noch teurer werden, damit ich im Barsortiment gelistet bin. Ohne Listung im Barsortiment bleibt mir der Weg in die meisten Buchhandlungen versperrt, da mein Buch nur direkt über den Verlag, aber nicht über den Großhändler, eben das Barsortiment, bestellt werden kann. Diverse Buchhandlungen lehnen im Vorweg ab, wenn sie hören, dass die Option Barsortiment nicht vorhanden ist. Darüber hinaus gibt es einige Änderungen beim Shaker Media Verlag, mit denen ich nicht einverstanden bin, auf die ich aber hier nicht näher eingehen kann. Mein Buch „Lappalie“ ist übergangsweise nur über meine Webseite http://www.kirstenmarohn.de erhältlich und wird ab August bzw. September über den neuen Verlag BoD gelistet sein. Durch eine bessere Preiskalkulation bin ich dann in der Lage, das Buch für 19,80 Euro anzubieten. Natürlich gibt es auch wieder die Listung bei Amazon, und ganz neu: „Lappalie“ wird im Barsortiment vertreten und somit über andere Buch-Onlinehändler wie Bol.de, Buecher.de oder die Buchhandlung um die Ecke zu beziehen sein. Neben einer verbesserten Buchqualität (Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen) und einem günstigeren Verkaufspreis war es mir persönlich wichtig, einen Verlags-Partner zu finden, mit dem ich dauerhaft zusammenarbeiten kann und bei dem ich meine zukünftigen Buchprojekte gut untergebracht weiß. Ich denke, mit dem BoD Verlag habe ich die richtige Entscheidung getroffen.

Zum Abschluss- ich persönlich freue mich sehr auf dein Buch „Polarlicht“ und habe vor es unbedingt zu lesen. Wann kann man in etwa mit der Veröffentlichung rechnen?
„Polarlicht“ liegt als fertiges Manuskript bereits vor, muss jedoch noch mal komplett überarbeitet werden. Momentan ist das Manuskript „Bunte Fische“ vorrangig, aber ich hoffe, mit den Korrekturen zu „Polarlicht“ bald beginnen zu können. Eine erste Leseprobe zu „Polarlicht“ wird aber demnächst auf meiner Webseite zu finden sein.

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